Nur die Liebe zählt
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"Die Liebe ist langmütig und freundlich, die Liebe eifert nicht …; sie erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie duldet alles. … Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; aber die Liebe ist die größte unter ihnen."
Immer noch spricht dieser Text vielen jungen Menschen, die heiraten wollen, aus dem Herzen. Selbst wenn ihnen alle anderen Bibeltexte nichts mehr bedeuten: dieser tut's. Schöner als Paulus es hier formuliert, kann man ja auch nicht über Liebe reden. Es ist in der Tat ein 'hohes' Lied über die Liebe, ein Stück Weltliteratur.
Und doch: Paulus würde sich vermutlich verwundert die Augen reiben, wenn er sein Lied als ideale Beschreibung des Ehelebens wiederfände. So hat er es auf keinen Fall gemeint. Davon zeugt der Zusammenhang, in den der Abschnitt im Kapitel 11 des ersten Korintherbriefs eingebettet ist.
Hier erscheint Liebe nicht als Idealform ehelichen Lebens, sondern als Korrektiv anderer wichtiger christlicher Tugenden. Aber immerhin: als besonders prominentes Korrektiv; gewissermaßen als das 'hohe Korrektiv'.
Gut reden können, alles wissen, verstehen und beurteilen können, vorbildlich glauben, alles an Arme verschenken – gut und schön, alles wertvolle Begabungen (oder im paulinischen Sprachgebrauch: 'Charismen' = Gottesgaben) und zugleich alles nichts, alles wertlos -wenn die Liebe fehlt.
Das ist harter Tobak für Christen, die sich selbst auf der Sonnenseite Gottes wähnen, die sich im Besitz besonderer Gnadengaben sehen, die sich als von Gott besonders Begabte verstehen. Nichts ist – wenn die Liebe fehlt.
Für Paulus ist die Liebe das höchste Korrektiv aller selbsterklärten Machtansprüche und aller selbsternannten Führungspositionen. Liebe in diesem Sinne ist ein Abbild der Liebe Gottes, wie sie im Leben Jesu Gestalt gewonnen hat.
Liebe in diesem Sinne kennt keine Allüren oder Dünkel; sie will nicht herrschen, sie kann nur dienen.
Das gilt dann auch wieder für die Ehe.
Reinhard Fiola, Pastor