„Glaube reift an Aktivitäten“
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Julian Friedrich ist 22 Jahre alt und damit das jüngste Kirchenvorstandsmitglied der Hannoverschen Landeskirche. „Das wurde mir zumindest damals nach der Wahl gesagt“, erzählt Julian und spielt den Superlativ damit erst einmal herunter. Sieht man sich jedoch die Altersstruktur dieses Gremiums auch in anderen Gemeinden an, kommt man schnell zu dem Schluss, dass er vermutlich sogar eines der jüngsten Kirchenvorstandsmitglieder in ganz Deutschland ist, denn hier wird dringend junges Engagement gebraucht.
Als Julian vor drei Jahren gefragt wurde, ob er sich zur Wahl stellen wolle, erschien ihm dies im Grunde als ein logischer und konsequenter Schritt. Seit seiner Konfirmandenzeit engagierte er sich in der Kirchengemeinde St. Marien in Osterode, vorwiegend in der Jugendarbeit und immer mit Freude daran, sich einbringen zu können. „Mir macht es Spaß, mitzuwirken“, erläutert er, außerdem kam die Neugier auf das Unbekannte hinzu, „sich einer Aufgabe zu stellen, die Engagement fordert“.
War er überrascht, als er in das Amt gewählt wurde? „Ja, ich bekam sogar etliche Stimmen, mehr als ich erwartet hätte“, sagt er. Doch immerhin war er zuvor ja von anderen aus der Gemeinde angesprochen worden, die es ihm offenbar zutrauten. Das mag auch an seiner Ausbildung zum Altenpfleger liegen, durch die er ohnehin Verantwortung zu übernehmen lernt und christliche Nächstenliebe lebt. Zudem sei ihm der Gedanke der Gemeinde wichtig, die eine Art familiären Halt gibt und möglichst alle Mitglieder einbindet. „Glaube reift auch an Aktivitäten in der Gemeinde“, sagt er.
Insofern ist er froh, dass er seine Ideen für die Jüngeren einbringen und häufig auch umsetzen kann. „Ich sehe mich allerdings eher als einen kleinen Teil des Kirchenvorstands, da andere viel länger dabei sind und somit auch erfahrener“, sagt Julian. Dennoch gehören neben den Lesungen und Fürbitten in der Kirche auch Planungen wie im vergangenen Jahr beispielsweise zum Jubiläum des 500 Jahre alten Altars zu seinen Aufgaben und er kann dabei einiges mitgestalten.
Wie reagieren eigentlich Freunde oder seine Freundin auf diese Tätigkeit? „Mein Freundeskreis weiß ja, dass ich mich seit der Konfirmandenzeit in der Gemeinde engagiere und statt einer Freundin hätte ich wenn sowieso einen Freund“, antwortet Julian. Übrigens sei seine Homosexualität im Umfeld der Kirche wie auch sonst nie ein Problem gewesen. Anscheinend ist die Kirche auch was das angeht in der Gegenwart angekommen. „Allerdings dränge ich das Thema auch niemandem auf“, sagt er.
Generell sieht er die Kirche keinesfalls als rückständig an. Zwar brauche es hier und da frischen Wind und vor allem Jugendliche müssten seiner Meinung nach häufiger und stärker eingebunden werden, doch sie dürfe sich auch nicht verbiegen. „Kirche muss Kirche bleiben“, stellt er heraus. Der Rahmen sollte auf jeden Fall bleiben, wie er ist, doch innerhalb dieses Rahmens seien neue Ideen nötig, um jüngere Gemeindeglieder wie in seiner Gemeinde beispielsweise durch die Marien-Kids anzusprechen.
Wird Julian seine Tätigkeit fortsetzen, um das zu erreichen? „Die sechsjährige Wahlperiode will ich auf jeden Fall vollmachen“, sagt er, „allerdings weiß ich nicht, was für mich persönlich dann kommt. Ob er in Osterode bleibt oder berufsbedingt oder aus persönlichen Gründen wegzieht, kann er heute noch nicht sagen. In jedem Fall aber ist er sicher, dass ihm die Arbeit im Kirchenvorstand etwas bringt, und umgekehrt fest davon überzeugt, dass es sinnvoll ist, wenn sich auch jüngere Menschen in der Kirche einbringen. „Vor allem frage ich mich, was passiert, wenn viele der jetzigen Kirchenvorstandsmitglieder, die schon lange dabei und ein paar Tage älter sind, das einmal nicht mehr machen wollen“, deutet er das Thema des demografischen Wandels an, das letztlich auch die ehrenamtliche Arbeit in der Kirche betrifft.
Christian Dolle