Ein Land voller Gegensätze
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Am Nachmittag gibt es eine Fahrt zum Hare Krishna-Tempel in Bangalore. In den 70iger Jahren des vorigen Jahrhunderts errichteten Tempel wird hier die Gottheit Krishna verehrt.
Wir sind die einzigen Europäer, die sich mit den hinduistischen Gläubigen die Stufen hinaufbewegen, vor den opulent mit Blumen geschmückten Krischna-Figuren verharren und uns Details zum Schmuck, zur Ausstattung und zum Ritus des Umgangs mit diesen Götterfiguren durch die hinduistischen Mönche erklären lassen.
Der Tempel ist teilweise aus Granit errichtet, zum größten Teil aber aus Beton. Ein großes Wasserbecken, welches ursprünglich wohl ein Reinigungsbad ermöglichen sollte, liegt als dekorative Springbrunnenanlage neben dem Eingang. Die äußere Farbe des Tempelbaus ist weiß, nur an den Orten, an denen die Götterfiguren innen platziert sind, thront außen eine goldene Kuppel über dem Bau. Vom Lehrer Bhaktivedanta Swami Prabhupada, der 1977 gestorben ist und für die Ausbreitung der Hare Krishna Bewegung in Westeuropa und den USA verantwortlich ist, steht eine eigene Statue mit vergoldetem Gesicht im zentralen Anbetungsraum.
Im obersten zentralen Raum sind die Götterfiguren unter einem Baldachin aufgestellt und Gläubige sitzen auf einem Platz davor. In der Mitte singt eine kleine Gruppe von vier Musikern mit einem Harmonium, einer Trommel und einem kleinen Tamburin.
Die Anbetung der Gläubigen erfolgt zügig. Kaum jemand verweilt länger als einige Sekunden. Es ist nicht besonders voll, so dass auch Gelegenheit wäre zum längeren Verweilen, doch kaum jemand tut es. Entscheidend sei die Kontaktaufnahme mit der Götterfigur durch die Augen, die groß in den Figuren ausgebildet sind, wird uns erklärt. Es kommen Familien, Ehepaare und Einzelpersonen. Dennoch zeigt sich an keiner Stelle eine soziale Verbindung. Man bleibt allein. Die Bewegung ist in Indien auch wegen ihrer hervorragenden Sozialarbeit bekannt. Gerade in der Speisung von Armen hat sie einen guten Ruf.
Der Weg hinauf zum zentralen Anbetungsplatz geht schneller als der Weg zurück, der durch einen verwinkelten Lauf zum Ausgang führt. An langen Tischen geht es vorbei, die mit billigstem Verkaufsmaterialien angefüllt sind. Kalender, Bücher vom Religionsgründer in vielen Sprachen, Plastikminiaturen der Götterbilder, Steckdosenleuchten mit farbigem Krishna-Aufdruck, Lichterketten, Duftstäbchen in allen Variationen und Verpackungsarten. Dazwischen gibt es immer wieder Stände mit Süßigkeiten und Getränken. Wir eilen hinaus.
Wir erinnern uns an die „Hare-Krishna-Jünger“, die in den 70iger und 80iger Jahren auch in Deutschland eine Form des Hinduismus populär machten, nachdem sie zumeist einige Wochen oder Monate in einem Ashram in Indien verbracht hatten. Mich erinnert der Besuch an etwas ganz banales: „My sweet Lord“ von George Harrison von den Beatles, Anfang der 70iger Jahre erschienen, das mit einem Hare-Krishna-Mantra endet.
Erfüllter Tag in New Delhi mit vielen Gespräche mit Menschen, die seit einigen Jahren hier leben. Wir frühstücken mit dem Vertriebschef der Lufthansa. Er schwärmt von den großen Chancen der zukünftigen Entwicklung dieses Wirtschaftsraums mit 1,2 Milliarden Menschen - von denen vermutlich weniger als 1% bisher in einem Flugzeug gesessen haben.
Von dort aus geht es zur Deutschen Schule, die in der ehemaligen Botschaft der DDR eingerichtet worden ist. Sie hat etwas mehr als 100 Schüler, doch kaum einer verbringt seine gesamte Schullaufbahn hier. Die meisten kommen und gehen, verbleiben zwei, drei oder fünf Jahre und werden dann durch die beruflichen Verpflichtungen der Eltern erneut auf die Reise geschickt. Schnell waren wir mit der stellvertretenden Leiterin, einer Kunstlehrerin, im Gespräch über die kulturelle Vielfalt und den Auftrag der Schule. Wie und in welcher Weise vermittelt man die deutschen Bildungsgüter?