Lebendiger Advent
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Die Auferstehungsgemeinde in Hannover-Döhren organisiert den Lebendigen Adventskalender. An jedem Abend im Advent lädt ein anderes Gemeindemitglied zu sich nach Hause ein und bereitet ein kleines Programm vor. Fröhlich, besinnlich, nachdenklich, lecker... Alles ist möglich. Und in der Nachbarschaft kommt das richtig gut an.
Familien holen die Weihnachtskrippen vom Dachboden und stauben Maria, Josef und das Christkind sorgsam ab. Durch die Musikanlagen der Kaufhäuser schallt „White Christmas“. Manches Paar diskutiert, ob es zum Fest Kartoffelsalat mit Würstchen oder doch Gans wie bei der Schwiegermutter geben soll. Und selbst, wer sonst nicht singt, stimmt am Heiligen Abend bei „Stille “ mit ein. Die Weihnachtszeit ist voller Rituale. Experten sagen: Für viele Menschen ist das hilfreich.
„Rituale haben immer die Funktion, die Welt wieder ein bisschen in Ordnung zu “, sagt Professor Gerhard Wegner, der das Sozialwissenschaftliche Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) leitet. „Weihnachten macht deutlich, dass das Leid und das Böse nicht das letzte Wort haben.“
Zum Christfest haben die Kirchen Zulauf wie sonst nie. Bei 46 Prozent aller Deutschen ist an Weihnachten laut einer Emnid-Umfrage von 2013 ein Gottesdienstbesuch fest eingeplant. „Zwei Drittel der evangelischen Kirchenmitglieder sagen, das gehört für sie dazu, das haben schon die Eltern so “, sagt der Sozialwissenschaftler und ergänzt: „Das sind mehr, als tatsächlich kommen.“
In der Kirche erhofften sich die Menschen vor allem eine besondere Atmosphäre, festlichen Schmuck und die vielen noch vertrauten Advents- und Weihnachtslieder. "Sie suchen Glanz, Harmonie und ein bisschen Frieden", beschreibt es Wegner, der auch Pastor ist. Die Predigt führe dann oft wieder in die Realität und sorge dafür, dass das Leid in der Welt nicht vergessen werde.
In kaum einem anderen Land werde Weihnachten so romantisiert wie in Deutschland. "Für einige Menschen ist diese Harmonie-Erwartung allerdings eine unheimliche Überforderung", sagt Wegner.
Was also tun, wenn das „Alle Jahre wieder“ so gar nicht mehr zu den Lebensumständen passt und nicht mehr alles so wie früher möglich ist? „Dann kann man sich neue Rituale ausdenken“, sagt die Entwicklungspsychologin Maria von Salisch: „Vielleicht einen gemeinsamen Konzertbesuch, oder das Mau-Mau-Spielen mit der dementen Oma.“
Rituale könnten dazu beitragen, dass Erwartungen nicht enttäuscht werden und damit Streit vermieden wird, ist die Entwicklungspsychologin Maria von Salisch überzeugt. „Ist unter Paaren einmal ausgehandelt, welches Festmahl es gibt, muss das nicht jedes Jahr neu diskutiert werden.“ Für Kinder seien feste Gewohnheiten besonders wichtig, weil sie Verlässlichkeit schafften, erläutert die Professorin der Leuphana Universität Lüneburg.
Das Gebet an Weihnachten bringt besondere Stille. Bild: epd-Bild