„Es geht um das Zuhören“
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Der Bruder verunglückt, die Mutter stirbt, der Arzt diagnostiziert eine tödliche Krankheit. Wer Tod und Trauer erlebt, braucht einen Ansprechpartner. Die Internetseite www.da-sein.de ist eine Möglichkeit, an die sich Jugendliche und junge Erwachsene wenden können. Hier bekommen sie Hilfe - und zwar von Gleichaltrigen. Insgesamt 25 Jugendliche und junge Erwachsene arbeiten derzeit ehrenamtlich als sogenannte Peer-Begleiter beim Evangelischen Hospizdienst Oldenburg, der die Webseite anbietet. Sie helfen den Betroffenen per E-Mail durch die schwere Zeit.
Eine dieser Begleiterinnen ist Sarah. Die 21-jährige Pädagogik-Studentin betreut seit zwei Wochen ihre erste Klientin. „Es ist wichtig, dass wir zuhören und deutlich machen, es ist okay, wenn du traurig bist“, erzählt Sarah. Wie alle Peer-Mitarbeiter nennt sie nur ihren Vornamen. Cordelia Wach, Teamleiterin von da-sein.de, ergänzt: „Wir sind da und signalisieren, wir halten das aus. Wir haben keine Angst vor den existenziellen Fragen.“
Screenshot: www.da-sein.de
Das sei für die Betroffenen ein wichtiges Signal. Denn oft hätten sie das Gefühl, mit niemandem über ihre Trauer oder ihre Ängste vor dem Tod sprechen zu können. Die jungen Menschen wollten ihre Familien nicht noch mehr belasten.
Bei Todesfällen werde in den Familien oft nicht ausreichend mit den Jugendlichen darüber gesprochen, schildert Wach aus ihrer Erfahrung. Trauer und Tod müssten aber aus der gesellschaftlichen Tabu-Zone geholt werden. Dabei helfe eine deutliche Sprache. „Wir müssen die Dinge klar benennen“, sagt sie: „Besser 'Suizid' und 'ist gestorben' sagen, als 'du hast jemanden verloren'. Denn denjenigen kann man nicht wiederfinden.“
Die Ehrenamtlichen werden auf ihre Aufgabe gezielt vorbereitet. Empathie zeigen, aber nicht mitleiden - das lernen die 16- bis 25-Jährigen in ihrer Schulung. Regelmäßig werde in Supervisionen über das Erlebte gesprochen. „Die Helfer dürfen sich dabei nicht selbst überfordern“, betont Wach. Deshalb macht sie bei jedem Erstkontakt auch klar, was da-sein.de leisten kann.
„Die Betroffenen wissen, dass sie auf jede Nachricht innerhalb von sieben Tagen eine Antwort bekommen“, sagt Wach. Vielen reiche es aber schon, die Nachricht zunächst einmal geschrieben zu haben. Über die Homepage könnten sie das zu jeder Tag- und Nachtzeit tun. „Wir versuchen dann, zeitnah zu antworten“, ergänzt Sarah, denn die Peer-Begleiter seien wichtige Austauschpartner. „Danke, dass du mir zuhörst" oder "Mit eurer Hilfe fällt meine Trauer leichter“, solche Sätze finden sich im öffentlichen Gästebuch der Internetseite immer wieder. „Wir bekommen viel zurück“, sagt Wach.
„Meist berichten sie schon in der ersten Mail ganz konkret, worüber sie reden wollen“, erzählt Wach. Den Erstkontakt übernimmt immer die Teamleiterin. Anschließen stellt sie den Kontakt zum Peer-Begleiter her. „Es ist ganz wichtig, dass wir nicht so tun, als könnten wir Lösungen anbieten“, resümiert Sarah über ihre Rolle. „Es geht um das Zuhören, den Austausch.“
Die 21-jährige Sarah (rechts) begleitet Jugendliche und junge Erwachsene per E-Mail durch ihre Trauer. Bild: epd-Bild
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