Die Grenzen akzeptieren
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Ohne Zweifel ist das Ergebnis der Klimakonferenz in Paris ein großer Erfolg. Er liegt vor allem in dem Beschluss, dass Grenzen eingehalten werden müssen, wenigstens beim menschenverursachten Temperaturanstieg. Das verlangt von Regierungen, Gesetze zu verabschieden, die bisherige Freiheiten einschränken und klimaschonendes Verhalten fördern. Das Gemeingut „lebensfreundliche Erdatmosphäre“ darf nicht länger beliebig genutzt werden.
Gemeingüter werden fast immer von den Stärksten am meisten bedroht, sie können sich dank ihrer Kaufkraft am meisten nehmen, ohne zu bezahlen. Das bedeutet im Fall der Erdatmosphäre, dass diejenigen, die sich am meisten Strom, Wärme, Kraftstoff, Fleisch leisten können damit auch unbezahlt die größten Klimaschäden anrichten. Deswegen ist Klimaschutz eine Frage der Gerechtigkeit. Weil die lebensfreundliche Erdatmosphäre Schöpfung Gottes und die Gerechtigkeit sein zentrales Anliegen sind, ist Klimaschutz Kernaufgabe der Kirche, wie es in den Umweltleitlinien der Hannoverschen Landeskirche heißt.
Wir können uns als Kirche und Christen also nur über den Pariser Beschluss freuen, ihm zustimmen. Die Klimapolitik der Bundesregierung wird seid langem von Kirchen unterstützt, sie fordern sogar ihre weitere Verschärfung. Dieses wird zum Beispiel deutlich in der Frage der Kohleverstromung, die einen unerträglich hohen Beitrag zu den deutschen Treibhausgasemissionen leistet oder beim Dienstwagenprivileg, das denen, die es nicht nötig hätten, eine steuerliche Subvention für eine Auto-Flatrate mit Spritschluckern gewährt.
Wir können als Kirche, wie gesagt, zustimmen und obendrein fordern. Schwieriger wird es, wenn es um die Konsequenzen unserer Überzeugungen für unseren eigenen Gestaltungsbereich geht. Das Fördern fällt uns noch relativ leicht (angesichts der aktuell überraschend guten Finanzlage): Über 30 Mio. € Sondermittel für energetische Gebäudesanierung hat die Hannoversche Landeskirche seit 2009 bewilligt. Dieses Geld wird die Treibhausgasemissionen kirchlicher Gebäude deutlich gesenkt haben. Es wäre mit mehr Mitteln noch viel mehr zu bewegen, aber immerhin.
Darüber hinaus Grenzen zu setzen, die liebgewonnene Gewohnheiten beenden, fällt auch uns schwer. Sollten wir durchsetzen, dass keine Kirche höher als 14 °C beheizt werden darf? Bislang undenkbar, obwohl wir damit vermutlich 20% der gesamten CO2-Emissionen, die durch das Heizen von Kirchen entstehen, einsparen könnten.
Sollten wir kirchliche Körperschaften auffordern, notfalls Kredite aufzunehmen, um Energieeinsparmaßnahmen zu finanzieren, selbst wenn die sich erst in 30 Jahren amortisierten? Könnten wir von jeder Kirchengemeinde verlangen, einen überdachten Fahrradständer mit mindestens 1 Stellplatz pro 100 Gemeindeglieder vorzuhalten und dafür notfalls PKW-Parkplätze aufzugeben? Könnten wir uns darauf verständigen, bis zum Jahr 2035 die letzte Heizung mit einem fossilen Energieträger in unserer Landeskirche still gelegt zu haben? Könnten wir durchsetzen, dass alle Gemeindebriefe auf Recyclingpapier gedruckt werden? Könnten wir die Fleischmenge bei den Mahlzeiten unserer Feste und Veranstaltungen halbieren?
Ohne zu sagen, dass diese Maßnahmen im Sinne des Klimaschutzes alle besonders klug und unbedingt geboten wären, machen die Beispiele deutlich, dass notwendiger Klimaschutz auch von uns Maßnahmen verlangen könnte, die weh täten. Wir trauen uns solche Grenzziehungen noch nicht zu, sind zu sehr in unserer Kultur verhaftet.
Aber wir haben angefangen, an wesentlichen Veränderungen zu arbeiten. Landeskirchenamt und Landessynode unterstützen mit den Beschlüssen des Jahres 2015 die Maßnahmen zur Umsetzung des Klimaschutzkonzepts. Wir hoffen, dass wir in den Gemeinden, Einrichtungen und Verwaltungen genug Menschen, die die gute Beschlusslage in gute Taten umsetzen.
Reinhard Benhöfer, Umweltreferent der hannoverschen Landeskirche im Haus kirchlicher DiensteBild: Jens Schulze
Deutschland größte evangelische Landeskirche will den Klimaschutz in ihren Gemeinden und Einrichtungen voranbringen. Das Parlament der hannoverschen Landeskirche beschloss am Mittwoch in Hannover ein Konzept mit dem Ziel, die CO2-Emissionen deutlich zu reduzieren. Bis zum Jahr 2030 sollen unter anderem die Emissionen aus Gebäuden um 30 Prozent sinken. „Wir werden dieses Ziel erreichen können“, sagte Karsten Sierk vom Umweltausschuss. Besonders vor der UN-Klimakonferenz in Paris habe das Konzept Bedeutung.
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