Derselbe Gott?
„Derselbe Gott? - Zur Diskussion um den neuen Text der Evangelischen Kirche in Deutschland zum Verhältnis der Religionen“.
Am 6. November 2015 findet im Haus kirchlicher Dienste das 13. Forum zur Begegnung von Christen und Muslimen in Niedersachsen statt. Dr. Stephan Schaede, Direktor der Evangelischen Akademie Loccum, wird einen Input aus christlicher Perspektive geben.
Die Darstellung der Archivmeldungen wird kontinuierlich verbessert. Sollten Sie Fehler bemerken, kontaktieren Sie uns gerne über support@systeme-e.de
Redaktion: Warum sorgt der neue Grundlagentext der EKD zum interreligösen Dialog für kritische Stimmen? Ist diese Kritik berechtigt?
Dr. Stephan Schaede: Eine der kritischen Stimmen ist in einer der Sommerausgaben des Magazins „Zeitzeichen“ erschienen. Vom Religionswisschaftler und Theologen Prof. Dr. Perry Schmidt-Leukel. Er äußerte dort, die Schrift der EKD pflege einen Exklusivismus der Religionen. Darüber kann man sich wirklich wundern, finde ich.
Eine zweite kritische Stimme gibt es dazu im ökumenischen Kontext. Die EKD-Schrift fördere ein Missverständnis im Blick auf das Judentum. Genauer gesagt im Bezug auf die christlich-jüdische Glaubenstradition. Dazu kann ich nur sagen: Wir sind uns zwar sehr nahe, aber trotzdem haben wir unsere Unterschiede und sind zwei verschiedene Religionen.
Die EKD-Schrift hat den Religionsfreiheits-Gedanken gut aufgegriffen, aber zugleich gesagt, dass es Grenzen gibt. Wir müssen einsehen, dass der Religionsfrieden nicht durch die Erkenntnis eines gleichen Gottes bewahrt werden kann. Bei zuviel Gleichheitsgedanke degradieren wir die andere Religion. Grundsätzlich kann ich doch die Frage eigentlich gar nicht stellen, ob wir an den gleichen Gott glauben. Wir müssen ertragen, dass wir das hier in unserer Begrenztheit gar nicht wissen können.
Redaktion: Welche Formen der Begegnung sollten Christen und Muslime finden, um über ihre Gottesvorstellung zu sprechen?
Schaede: Auf allen Ebenen der Gesellschaftsform sollten Menschen über Religion ins Gespräch kommen. Extrem wichtig ist der Austausch an den Universitäten. Denn es ist dürftig, wie wenig Wissen die Studierenden dort oftmals übereinander haben. Den Themen sind da gar keine Grenzen gesetzt: Frieden, Familie, Freiheit, Politik. Auch über den persönlichen Glauben und über Gottesbilder darf man sprechen. Da gibt es für mich keine Tabuthemen.
Redaktion: Welchen Beitrag kann die Landeskirche in Zukunft leisten, um Verständnis und Achtung im Dialog zu wahren?
Schaede: Wir müssen unsere eigene Religion ernst nehmen und wissen, was unseren eigenen Glauben ausmacht. Als Institution müssen wir alle Religionen ernst nehmen, um sie elaboriert zu vertreten und mit Respekt zu behandeln. Wir müssen als Landeskirche Foren der Bildung und Aufkärung schaffen. Das ist der beste Weg gegen fundamentalistische Strömungen. Ich finde es immer gut, die Verbundenheit zu unterstreichen. Den Alltag religiöser Vielfalt können wir gestalten.
Wichtig bleibt dennoch, in aller Demut zu sagen: Wir können nicht wissen, ob der Gott der Gleiche ist. Und das ist auch nicht Aufgabe der Religionstheologie, sondern diese Tatsache müssen alle tapfer ertragen.
Dr. Stephan Schaede, Direktor der Evangelischen Akademie LoccumBild: fotolia.com/ snipergraphics
Bild: HkD