Das Gute gegen das Böse...
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Wenn man die Texte des 21. Sonntages nach Trinitatis liest, dann fragt man sich: Was ist der rote Faden?
Psalm 19 preist die göttliche Macht und Ehre, die wir in seiner Schöpfung sehen können. In der alttestamentlichen Lesung aus dem Jeremiabuch, lesen wir: „Suchet der Stadt Bestes....denn wenn’s ihr wohl geht, dann geht’s auch euch gut...“ In der Epistel aus dem Epheserbrief wird ein Bild gezeichnet, das uns vielleicht befremdlich erscheint: Wir sollen eine Waffenrüstung anziehen, um gegen die listigen Anschläge des Teufels bestehen zu können.
Wir denken vielleicht: na gut, ziehe ich mir die Rüstung an und kämpfe los. Doch dann lesen wir das Evangelium, aber welche Strategie wird uns da zugemutet? „Wenn dich jemand auf die rechte Backe schlägt, dem biete auch die andere dar.
Na bravo, das wird ja ein schöner Kampf! Wie soll man damit gewinnen?
Also, was ist der rote Faden? Vielleicht der Wochenspruch, der aus dem Römerbrief stammt?
„Laß dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit dem Guten.“
Es scheint um den Kampf gegen das Böse zu gehen, oder wenn wir es personal verstehen, um den Kampf gegen den Teufel.
Wenn wir das so verstehen, dann klingelt doch etwas in unseren Ohren! Sprechen nicht viele Politiker von der Achse des Bösen in der Welt und meinen den islamistischen Terrorismus?
Unser Fernsehen und Zeitungen sind voll von Bildern des Terrors. Heimtückisch und gezielt schlagen die Täter zu, töten wahllos Menschen, die sie nicht einmal kennen.
Wir sind tief erschrocken über diese Brutalität, ahnen den Schmerz der Angehörigen von Opfern, mühen uns, zu begreifen, was unbegreifbar ist.
Wir spüren: dagegen müssen wir etwas tun, denn solche Taten bedrohen uns alle. Das erste probate Mittel scheint: Krieg gegen die Achse des Bösen. Haben wir Christen eine andere Option?
Die Bibel beschreibt, was wir da erleben, in ihren Bildern. Sie spricht von bösen Mächten, vom Verhinderer, mit den Worten der Epistel:
„Denn wir haben nicht mit Fleisch und Blut zu kämpfen, sondern mit Mächtigen und Gewaltigen, nämlich mit den Herren der Welt, die in dieser Finsternis herrschen, mit den bösen Geistern unter dem Himmel.“
Wir Christen kämpfen gegen die Herren der Welt, die in dieser Finsternis herrschen. Nehmen wir diese Metapher ernst, dann heißt das: unsere Gegner heißen in Wirklichkeit nicht Kim Jong-un oder Islamischer Staat. Sie sind Marionetten, verführte Irrgänger.
Halten wir also fest. Die Bibel sagt: es herrscht ein barbarischer Kampf – wir können ihn täglich erleben. Aber sie hat eine andere, tiefere Diagnose als unsere politischen Führer und viele von uns.
Und im Krieg ist es wie in der Medizin: die Diagnose bestimmt die Therapie. Selbst wenn wir alle Oberterroristen erwischen und unschädlich machen, hätten wir nur Symptome bekämpft. Die Bibel empfiehlt uns, nicht die Symptome, sondern die Ursache zu bekämpfen.
Was sind dann die therapeutischen Empfehlungen?
Die Antwort steht im Evangelium:
Ihr habt gehört, daß gesagt ist (2. Mose 21,24): »Auge um Auge, Zahn um Zahn.« Ich aber sage euch, daß ihr nicht widerstreben sollt dem Übel, sondern: wenn dich jemand auf deine rechte Backe schlägt, dem biete die andere auch dar.“
Ist ja gut gemeint, kann man denken, aber dann kommen alle rationalen Gegenargumente. Die stimmen auch. Aber Anfrage der biblischen Texte besteht: wollen wir immer wieder nur an Symptomen herumkurieren?
Ist denn die „Therapie“ der Bibel umsetzbar?
Ich erinnere an Martin Luther King jr.. Er hat die Strategie der Bibel so beschrieben:
„Unseren Gegnern sagen wir: Unsere Leidenskraft ist ebenso groß wie eure Macht, uns Leiden zuzufügen. Eurer physischen Gewalt werden wir mit seelischer Kraft begegnen. Tut mit uns, was ihr wollt, wir werden euch trotzdem lieben… Wir werden so lange an euer Herz und eure Seele appellieren, bis wir auch euch gewonnen haben. Und dann wird unser Sieg ein doppelter Sieg sein.“
Martin Luther King ist erschossen worden. Auch andere, die es so versucht haben, sind umgekommen, wie Dietrich Bonhoeffer bei uns.
An dieser Stelle kommt das Bild vom Leib Christi ins Spiel. Martin Luther King jr. spricht immer vom „Wir“. Und damit meint er nicht nur die schwarzen Christen in den Südstaaten der USA, sondern alle Christen. Der Leib Christi umfaßt alle Christen – und zwar auf der ganzen Erde und zu allen Zeiten. Das heißt, daß der Kampf gegen das Böse nicht in einer Generation entschieden ist. Er dauert viele Generationen. Vor uns hat die Generation unserer Mütter und Väter gekämpft, nach uns werden das unsere Kinder tun.
Der biblische Text hat im Kampf gegen das Böse nicht nur eine andere Diagnose und eine andere Therapie, sondern denkt auch in anderen Zeitdimensionen.
Das ist bei dem Gegner, mit dem wir es zu tun haben, nur konsequent.
J.-Stephan Lorenz, Pastor
Bild: Jens Schulze