Erlaubt ist, was verstanden wird.
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„Erlaubt ist, was verstanden wird.“
Mit dieser These überraschte Germanistik-Professor Dr. Albert Busch die 50 Teilnehmer des siebten Medientages der Landeskirche am Montag in Northeim. Wer von dem Wissenschaftler in dem Auftaktreferat eine Klage über den Sprachverfall erwartet hatte, wurde enttäuscht. Mit viel Humor sprach er vor Medienfachleuten der Hannoverschen Landskirche über „Sprache im Wandel: Kulturgut kaputt? Oder fröhliche Fortentwicklung?“ - und entschied sich für letzteres. Zwar gebe es hierzulande eine innere Mehrsprachigkeit, aber mit Blick auf viele englische Worte, die in deutschen Sätzen verwendet werden, meinte der 54-Jährige: „Ich bin da nicht in Sorge, weil die deutsche Sprache seit Jahrhunderten versteht, nicht-deutsches Sprachmaterial zu verarbeiten und zu integrieren“. Am Nachmittag waren die Teilnehmer eingeladen, in vier Workshops verständliche Sprache bei Statements, Zeitungsandachten, im Gemeindebrief und in Pressemitteilungen anzuwenden.
Prof. Dr. Albert Busch / Bild: Jens Schulze
Die zwei stummen Einhörner Alessandro und Lucy begrüßten die Öffentlichkeitsbeauftragten im Gemeindehaus der Northeimer St.-Sixti-Gemeinde nonverbal und tanzten ohne Worte. Die beiden walking acts aus dem benachbarten Theater der Nacht sorgten für einen heiteren Auftakt, der wiederum gut zu Buschs „fröhlicher Fortentwicklung“ von Sprache passte. Der Fachmann für Unternehmenskommunikation kritisierte an vielen englische Begriffen, dass sie wohl Modernität vermitteln wollen, aber Verständlichkeit eher hindern. Kulturgeschichtlich betrachtet habe sich Sprache demokratisiert und die Spaltung laufe heute nicht zwischen Bevölkerungsschichten, sondern zwischen Laien und Experten. Die gewählte Sprache müsse zu den Lesern und dem Medium passen. Die meisten Leser erwarteten heute bei langen Texten Auflockerung durch Bilder, Graphiken oder abgesetzte Erklärtexte in Rahmen. Zuletzt gab Busch noch handfeste Tipps mit einer Checkliste für gutes Texten: So seien beispielsweise für Online-Texte Keywords- also Schlüsselbegriffe - mittlerweile wichtiger als Überschriften, um durch Suchmaschinen gefunden zu werden.
In der Fragerunde riet Busch bei codierten Bibeltexten lieber bei den Erfahrungen von Lesern anzusetzen als mit einer langatmigen Decodierung. Tiefgang bekämen Texte nicht auf sprachlicher Ebene, sondern über „Reflexionsangebote, die im Kopf des Lesers“ etwas auslösen.
Oberlandeskirchenrat Rainer Kiefer aus der Landeskirche präsentierte vor Beginn der Workshop-Phase den soeben erschienenen ersten Jahresbericht der Landeskirche und berichtete, welche Aktionen zum Dekadejahr „Reformation und Eine Welt" geplant seien.
Walking Acts mit Oberlandeskirchenrat Kiefer / Bild: Jens Schulze
In dem Workshop 'Zeitungsandacht' riet Superintendent und EMSZ-Mitarbeiter Jan von Lingen, Bilder und Emotionen zu erzeugen und lediglich Basistheologie zu vermitteln. Der Northeimer Redaktionsleiter Olaf Weiss riet bei Pressemitteilungen, das Wichtigste an den Anfang zu stellen. Und: „Erzählen Sie Geschichten über Menschen - wie in der Bibel“, meinte er schmunzelnd. Marcus Buchholz, Pastor und Journalist, übte mit Teilnehmern Kernbotschaften zu formulieren, die eindeutig und dem Medium und jeweiligen Lesern angemessen sein müssten. Matthias Bode, stellvertretender Leiter der Hauptabteilung Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit im Bistum Hildesheim, präsentierte die Mitgliederzeitschrift „Jes“, die sich bewusst an die wendet, die durch kirchliche Medien nicht erreicht werden. In dem Zweimonatsmagazin werden sinnstiftende Geschichten mit Menschen veröffentlicht und so auf die religiösen Bedürfnisse der Leser eingegangen. Auch in Gemeindebriefen sollten mehr Geschichten über Menschen erzählt werden und was ihnen ihr Engagement bedeutet als Nachberichte von Veranstaltungen, bei denen die wenigsten Leser dabei waren.
Workshop / Bild: Jens Schulze