Die Spuren der Armada
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Jeder Spiekerooger ist von Kindesbeinen an überzeugt, dass im Jahre 1588 ein spanisches Kriegsschiff vor der Nordseeinsel gestrandet sein soll. Das gewaltige Schiff, es ist von mehr als 1.000 Toten die Rede, gehörte zu der aus 130 Schiffen bestehenden Armada, die in diesem Jahr England erobern wollte. Zahlreiche Indizien in der Alten Inselkirche scheinen dies zu belegen - allein: Wissenschaftlich beweisen lässt sich das Ganze nicht. Die norddeutsche Theatergruppe „Das Letzte Kleinod“ hat sich auf Spurensuche begeben und ihre Erkenntnisse in dem Stück „Armada“ zusammengefasst. Kürzlich feierte das Ensemble in der Inselkirche unter großem Applaus die Premiere.
In der kleinen evangelischen Kirche sitzen die rund 60 Premierengäste dicht gedrängt auf den harten Kirchenbänken. Mehr Plätze gibt es nicht. Vor dem Altar entfesseln die Schauspieler Nora Backhaus, Josune Goenaga und Manuel Schunter die Fantasie des Publikums. Dazu benötigen sie nur ein wenig Strandgut - ein Seil, ein zerrissenes Fischernetz und einen angespitzten Holzklotz.
Schauspielerin Josune Goenaga zeigt mit akrobatischen Künsten, die Strandung eines spanischen Kriegsschiffes. Bild: epd-Bild
Die Truppe lässt das Publikum die stolzen Spanier an die Küste Englands begleiten, die heftige Seeschlacht mit Kanonenschüssen und Nahkampf ertragen, die vernichtende Niederlage erleiden und schließlich im Sturm die unweigerliche Strandung erleben. Und sie diskutieren die Mythen und Legenden um die Strandung.
Denn tatsächlich finden sich in der ältesten der ostfriesischen Inselkirchen zahlreiche Hinweise, die auf ein gestrandetes und anschließend geplündertes spanisches Schiff hindeuten. Zum einen eine kleine katholische Pietà an der Südwand der Kirche. Die Figur zeigt Maria mit dem toten Jesus nach der Kreuzigung. Dazu eine wertvolle Kanzel und mit Aposteln bemalte Holzbretter im Zugang zur Kirche - alles viel zu wertvoll für eine arme Inselgemeinde. Sie könnten aber aus einem reichen Schiff stammen.
Seit Mitte des 19. Jahrhunderts versuchen Wissenschaftler und Heimatforscher die Legende zu beweisen oder zu widerlegen. In dem Theaterstück werfen sich die Protagonisten immer wieder mit großer Leidenschaft die Argumente entgegen, ohne dass die eine oder andere Seite wirklich punkten kann. Sollte es jemals auf der Insel Urkunden über das Unglück gegeben haben, sind sie bei der katastrophalen Weihnachtsflut von 1717 verloren gegangen.
Doch 1869 entdecken Handwerker bei Arbeiten in der Kirche einen Schädel, weitere Knochen, Münzen spanischen Ursprungs und einen senkrecht im Boden steckenden drei Fuß langen schweren spanischen Stoßdegen. Stammen sie von einem Offizier? Vielleicht sogar vom spanischen Kapitän? Leider sind auch diese Beweisstücke verschwunden. Der Degen soll nach Hannover verkauft worden sein, weiß die mündliche Tradition.
Und dann ist da noch die riesige Flagge in den spanischen rot-gelben Farben mit dem Löwen-Wappen. Alte Insulaner wissen aus Berichten ihrer Vorfahren, dass sie bei Hochzeiten verwendet wurde. Sie sei so lang gewesen, dass sie am Mast aufgezogen noch immer den Boden berührt habe. Zuletzt wurde sie in der Mitte des 19. Jahrhunderts bei der Hochzeit des Großvaters des Postverwalters Walter Struck gesehen. Doch auch sie ist verschwunden, ein Opfer gefräßiger Motten.
Jörg Nielsen (epd)Die Schauspieler Josune Goenaga und Manuel Schunter stellen bei der Premiere in der Alten Inselkirche eine Pietà nach. Bild: epd-Bild
Einfache Requisiten: Fischernetz wird mal das tosende Meer, mal der Schleier für eine Braut. Bild: epd-Bild