Konfliktbeladene Geschichte
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Wer „Jerusalem“ in einer Internet-Suchmaschine eintippt, liest als erstes Begriffe wie „Unruhe“ und „Ausschreitungen“: Am Dienstagmorgen, 15. September, zum Beispiel, lieferten sich palästinensische Demonstranten einen Kampf mit Polizisten, nachdem sie sich in der Nacht auf dem Tempelberg versteckt hatten.
Der evangelische Theologe Maik Schwarz arbeitete und lebte für 18 Monate „intensiv“ in Jerusalem und begann seine Vortragsreihe „Israel begegnen“ im Hanns-Lilje-Haus am Donnerstag, 10. September. Dort wird der Mitarbeiter des Arbeitsfeldes „Kirche und Judentum“ im Haus kirchlicher Dienste (HkD) auf Einladung des Vereins „Begegnung Christen und Juden Niedersachsen“ an vier Abenden seine Erfahrungen schildern und Themen präsentieren. Den Auftakt zu der Reihe bildete ein Vortrag unter dem Motto „Jerusalem: Eine Reise durch die Jahrtausende“.
„10 Maßeinheiten Schönheit sind auf die Welt hinabgestiegen, Jerusalem hat 9 davon“ so heißt es überschwänglich in einem jüdischen Sprichwort aus dem 2. Jahrhundert. Aber mit der Schönheit der gut 5000 Jahre alten Stadt gab Schwarz sich nicht zufrieden: In seinem knapp 90-minütigen Vortrag widmete er sich den Fragen, „wie es mit Jerusalem angefangen hat, wie es heute aussieht, und wie dieser Ort zu seiner Bedeutung gelangen konnte.“
Der 30-jährige Theologe begann bei Abraham, dem Stammvater der Juden, Christen und Muslime, der seinen Sohn Isaak auf dem Berg Morijah opfern sollte, wo später Salomo den ersten Tempel bauen ließ. Im babylonischen Exil beten die Juden wie in Psalm 137: „Vergesse ich dich, Jerusalem, so verdorre meine Rechte“. Mit Leben und Wirken Jesu, seinem Tod und Auferstehung wurde Jerusalem auch für die Christen bedeutend, und gut 600 Jahre später für die Muslime. Mohammed soll von Mekka nach Jerusalem entrückt worden und vom Felsen auf dem Tempelberg in den Himmel aufgestiegen sein.
Maik Schwarz mit Studierenden auf einer Exkursion in Jordanien. Bild: privat
Im Spätmittelalter sei Jerusalem zwischenzeitlich auf die Größe eines Dorfes geschrumpft und erst spät wieder gewachsen: In der britischen Mandatszeit von 1917 bis 1948 stieg die Bevölkerungszahl von circa 50.000 um das Dreifache auf ungefähr 160.000 Einwohner an. Doch damit wuchsen auch die Spannungen in der Bevölkerung, die sich aus Juden, Muslimen und auch Christen zusammensetzte.
Gerade in Anbetracht der bewegten und oft gewalttätigen Geschichte Jerusalems betonte Schwarz Positives: „Grundsätzlich können in dieser Stadt heute alle abrahamitischen Religionen zu Gott auf ihre Weise beten.“ Auch für das Christentum, so merkte Schwarz an, sei Jerusalem eine äußerst spannende Stadt, da man hier merke, „dass wir Christen auch untereinander verschieden sind.“ Zum Beispiel teilen sich sechs verschiedene christliche Konfessionen die Grabeskirche für ihre Gottesdienste.
Der Vortrag von Schwarz regte anschließend noch die Zuhörer an, eigene Erfahrungen über Jerusalem auszutauschen. Hier wurde der Metropole mit mehr als 800.000 Einwohnern ein persönliches Gesicht verliehen: Prof. Dr. Ursula Rudnick, Beauftragte für Kirche und Judentum im HkD, erwähnte, dass „Muslime den Schlüssel für den Ort verwahren, wo Christus auferstanden ist“, sprich in der Grabeskirche für die Sicherheit sorgen. Weitere Anekdoten erzählten von christlichen Gemeinden mit hebräischer Liturgie, oder der Schwierigkeit in Jerusalem ein Schwimmbad z erschwinglichem Eintrittspreis zu finden.
Noah Grossmann (HkD)Vortrag im Hanns-Lilje-Forum. Bild: Noah Großmann
Maik Schwarz in Jerusalem. Hinter ihm der Felsendom und die Klagemauer. Bild: Valerie Danckwerth