Beeindruckende Flughöhe
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Die „Flughöhe“ sei manchmal beeindruckend gewesen, sagt Dirk Brall. Wenn der Intendant des Literaturhauses St. Jakobi Hildesheim jetzt auf die erste Spielzeit zurück blickt, ist dies für ihn das Entscheidende. Nicht die guten bis sehr guten Publikumszahlen, nicht die großen Namen, die gleich im ersten Jahr zu Gast waren. „Für mich“, sagt Brall, „ist viel wichtiger: Hat es mich inspiriert oder nicht?“
Die Flug des Geistes, der Inspiration: Er hat an 20 literarischen Abenden über das „Meer“ geführt – beginnend mit Michael Köhlmeier und Jo Lendle, die Winston Churchill und Charlie Chaplin bei ihren Strandspaziergängen belauschten, über Cornelia Funke und ihre Gedanken zum Sterben oder Robert Seethaler, der als Ausreißer in die Berge entführte, bis zum Abend des mare-Verlags mit Peter Lohmeyer als Vorleser.
Also doch einige große Namen, die die Hildesheimer Innenstadt-Kirche zum Teil mit 240 BesucherInnen ausverkauften. Doch die Begegnung mit weniger bekannten AutorInnen wie Martin Kordic sei ebenso intensiv und stimulierend gewesen, findet Brall. Selbst an den – publikumsmäßig – schlechten Abenden seien 50 bis 70 Interessierte gekommen. „Für Literatur ist selbst das noch eine richtig gute Zahl“, sagt Brall.
Im Oktober 2014 verwandelte Michael Schmidt St. Jakobi in einen inspirierenden Raum. Bild: Michael Schmidt
Literatursalon in sakralem Umfeld. Die spirituellen Impulse bilden das zweite wichtige Standbein, St. Jakobi versteht sich als Pilgerkirche. Unter anderem wurde das wöchentliche Friedensgebet der ehemaligen Citykirche neu belebt. Es gab ein Erzählcafé mit ZeitzeugInnen des Bombenangriffs auf Hildesheim im Zweiten Weltkrieg, und mitten im Trubel des Tags der Niedersachsen präsentierte sich die Kirche als Raum der Stille. Insgesamt 20 nicht-literarische Veranstaltungen wurden angeboten.
In der zweiten Spielzeit soll dieser Aspekt einen noch stärkeren Raum einnehmen. Die Sakristei ist renoviert worden und steht nun für Friedensgebete und besondere Abendmahls-Andachten (unter dem Titel „sacramentum“) zur Verfügung. Im 100 Meter entfernten „Studio“ in der Jakobistraße 21 soll im Oktober ein monatliches „Wortlabor“ als Kreativstammtisch starten.
Literarisch wechselt die Farbe von blau zu grün: Nach dem Meer bildet nun der Wald das Schwerpunktthema. Erster Gast ist am 17. September der Schriftsteller Ralf Rothmann, der seinen aktuellen und viel beachteten Roman „Im Frühling sterben“ vorstellt. Das Finale des bundesweiten Predigtwettbewerbs „Jugend predigt“ findet am 3. Oktober in St. Jakobi statt, die Reihe „stadtgeschichten“ erzählt am 15. Oktober die Biographien ungewöhnlicher Frauen aus Hildesheim, Nils Ole Oermann liest am 21. November aus seiner Albert-Schweitzer-Biografie, die Stern-Kolumnistin Meike Winnemuth sorgt am 3. Dezember für eine leichtere Note – um nur einige Termine herauszugreifen.
Das Markenzeichen des Literaturhauses, die schräge Bühne, bleibt. Doch die Kulisse wird sich ändern. Die Wand mit den durchbrochenen Quadraten weicht vier stilisierten Bäumen, die ineinander und in den Publikumsraum hineinwachsen
Ralf NeiteLesung zum Thema Lampedusa. Bild: Literaturkirche
Dirk Brall vor dem „Studio“ in der Jakobistraße, einem Satelliten des Literaturhauses. Bild: Ralf Neite