Zwischen Himmel und Erde
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Gesicht, Hände, Füße – Wer die Triptychen der Serie „Diesseits“ von der Fotokünstlerin Valérie Wagner anschaut, dem werden besonders die Hände auffallen. „Diesseits“ porträtiert christliche und buddhistische Mönche aus Hamburg.
„Ich habe mich gefragt, welche Merkmale des Menschen am meisten über dessen Geschichte erzählen“, erklärte Valérie Wagner bei der Ausstellungseröffnung in der Marktkirche. Die Künstlerin entschied sich für Bildausschnitte von Gesicht, Händen und Füßen: „Die ausgewählten Ausschnitte bieten den abgebildeten Mönchen Schutz und Anonymität. Und das trotz der großen Intimität der Bilder“.
Gesicht, Hände, Füße – und damit die Fragen „Wer bin ich? Was tue ich? Wo gehe ich hin?“ erkannte Auslandsbischof i. R. Martin Schindehütte, der das Gespräch zur Vernissage mit der Künstlerin führte, in den Bildern.
Diesseits P. Hagenkord. Bild: Valerie Wagner
In der Ausstellung vereint Valérie Wagner ihre Arbeit „Diesseits“ mit dem weiterführenden Projekt „Zwischen Himmel und Erde“: Schwarz-Weiß-Fotografien fokussieren nun nur noch Hände, diesmal aber auch die von Juden, Hinduisten und Moslems, die für sie wichtige Gegenstände halten. Beide Arbeiten gemeinsam bilden gläubige Menschen ab, wie sie ihre Religion verstehen, wie sie sie leben: Wer bin ich? Was tue ich? Wo gehe ich hin? „Die Fotos verbinden Spiritualität und interreligiösen Dialog, in Deutschland und weltweit. Alle Weltreligionen versuchen doch, auf diese Fragen Antworten zu finden“, stellte Schindehütte fest.
Valérie Wagner versteht ihre Fotos als Visionen. Während die Personen, die abgebildet sind, real sind, ist die Inszenierung der Fotos eine Vision, politisch motiviert. Vor allem versucht sie die patriarchalen Strukturen der Weltreligionen zu durchbrechen. „Die Individuen werden abgebildet, Frauen und Männer, keine Führungspersönlichkeiten, und dürfen die Gegenstände, die sie auf den Bildern halten, selbst aussuchen“, erklärt Wagner.
So sind es am Ende nicht immer die Bilder geworden, die der jeweiligen Religionsgemeinschaft am liebsten gewesen wären. Die Tochter eines Imams zum Beispiel wählte eine ihr liebgewonnene Gebetskette aus, während ihr Männer aus der Moschee einen Koran vorschlugen. Valérie Wagner wählte schließlich das persönlichere Bild mit der Gebetskette.
Und auch das Foto der orthodoxen Jüdin mit der Menora behielt sie in der Ausstellung, gemeinsam mit einer von der Jüdin selbst ausgewählten Bildunterschrift – einem Spruch aus dem Neuen Testament. Dem Druck des Rabbiners, den Spruch nicht zu veröffentlichen, gab Valérie Wagner nicht nach. Die Beschriftung hänge schließlich ohnehin mit großem Abstand zum Bild an der Wand.
Zu der Aufnahme des Bildes der Jüdin mit der Menora erzählt sie, wie sie gemeinsam die Kerzen bei ihr in der Küche stutzten, um sie dem Bildausschnitt anzupassen. „Als die Kerzen brannten, ging kein Luftzug. Es war zu schön, zu ruhig“, erinnert sich Valérie Wagner. Für das Foto einer jüdischen Migrantin in Deutschland, und um die Geschichte richtig erzählen zu können, ließ die Künstlerin die Flammen flackern. „Jetzt ist das Leben drin, was ich in dem Moment der Aufnahme gefühlt habe“.
Anne-Sophie Eberstein Evangelische ZeitungHindu mit Fisch, 2011. Bild: Valerie Wagner
Die Ausstellung in der Marktkirche in Hannover. Bild: Ulrich Mertens
Cover Bildband