„Ich stehe dazu.“
Die Darstellung der Archivmeldungen wird kontinuierlich verbessert. Sollten Sie Fehler bemerken, kontaktieren Sie uns gerne über support@systeme-e.de
„Komm, trau dich!“ Sie tritt von einem Fuß auf den anderen und lacht verlegen. „Los! Wir helfen dir auch.“ Die Gruppe steht im Halbkreis vor ihr. Aufmunterndes Nicken. Sie hebt den Kopf, stellt sich mit beiden Füßen fest auf den Boden und atmet tief durch. Dann fängt sie an: „Ha“, schreit sie. Die Gruppe antwortet. Und wieder. Und wieder. Seltsam ist es, sich selbst zu hören, die eigene Stimme in dem großen Übungsraum. Sie klingt zaghaft, heiser. Sie schreit - jetzt mutiger, klarer, mehr aus dem Bauch heraus. Die Gruppe verstummt. Nun füllt allein ihre Stimme den Raum: „Ha!“ Die Luft vibriert.
„Ihr seid das Salz der Erde! Ihr seid das Licht der Welt“, ruft Jesus seiner Gemeinde zu. Und meint damit: „Ihr fallt auf.“ Ob zu wenig oder zu viel Salz im Essen ist - man schmeckt es sofort. Genauso ist es mit einer Kerze oder Lampe: Sie soll gesehen werden, soll den Weg weisen, die Dunkelheit erhellen. „Ihr seid herauszuschmecken. Ihr seid weithin sichtbar“, so spricht Jesus zu seiner Gemeinde, die wegen ihres Glaubens verfolgt wird.
Lieber vorsichtig sein mit dem, was man sagt und tut, bloß nicht auffallen und damit Angriffsfläche bieten! Das gilt für religiöse Minderheiten damals und heute. Das gilt bei uns auch unabhängig vom Glauben. Wer auffällt, der eckt an.
„Ich hätte nicht gedacht, dass so viel Kraft in mir steckt“, sagt sie und ist noch ganz erfüllt vom Klang ihrer Stimme. Ihr Gang ist fester, ihre Haltung selbstbewusster. Der Seminarleiter erklärt, wie wichtig es ist, nicht immer den Deckel drauf zu halten: „Dann stehen wir irgendwann so unter Dampf, dass wir platzen. Das zerstört entweder andere oder uns selbst. Deshalb: Traut euch, auch mal laut und deutlich eure Meinung zu sagen. Traut euch, Wut zu spüren. Das ist nicht schlimm, sondern damit zeigt ihr anderen: Hier stehe ich! Traut euch, Freude zu spüren und anderen zu zeigen: Dafür brennt mein Herz!“
Amen heißt: Ich stehe dazu. So beenden unsere Konfirmanden das Glaubensbekenntnis, das sie in ihren eigenen Worten formulieren. Amen! So oft erwische ich mich dabei, wie ich es nur mitmurmele, denn: Jemand anders sagt es ja schon laut, und am Ende hört man mich noch heraus als einzelne Stimme in der Gemeinde. Amen! Nicht als schnelles Häkchen, manchmal fast verstohlen geflüstert, sondern als persönliche Unterschrift, mit Nachdruck gesetzt.
Es braucht Mut, zu sich selbst zu stehen: dazu, wie ich aussehe, wie ich mich fühle, woran ich glaube. Man wagt sich hervor mit einer eigenen Position. Werden sich andere mir anschließen oder bleibe ich allein? Ernte ich Zustimmung oder Kritik? Verrate ich mit einem Amen, das von ganzem Herzen kommt, zu viel von mir? Jesus ermutigt mich als Christin: „Man zündet nicht ein Licht an und setzt es unter einen Scheffel, sondern auf einen Leuchter; so leuchtet es allen, die im Hause sind.“ Ich stehe dazu!
Dr. Christina ErnstBild: Jens Schulze
Christina Ernst