Diese Menschen brauchen uns
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Unter dem Motto „Die größte Katastrophe ist das Vergessen“ rufen die beiden großen Kirche über ihre Hilfswerke zu Spenden für Syrer und Iraker auf. Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) und die katholische Deutsche Bischofskonferenz forderten zudem, dass Deutschland mehr Flüchtlinge aus Syrien und dem Irak aufnehmen solle. Die Spendenaktion läuft über die beiden Hilfswerke Diakonie Katastrophenhilfe und Caritas International.
Die Lage der Flüchtlinge, Vertriebenen und Gewaltopfer sei im fünften Jahr des syrischen Bürgerkriegs „so verzweifelt wie nie zuvor“, schreiben die Kirchen unter Verweis auf den Weltflüchtlingstag der Vereinten Nationen, der an diesem Sonnabend begangen wird. Die Menschen bräuchten „unsere Hilfe und unsere Solidarität“, heißt es im Aufruf. Mehr als zwölf Millionen Syrer und zwei Millionen Iraker seien auf der Flucht.
Die beiden Hilfswerke konzentrieren ihre Hilfe auf die Versorgung der Bevölkerung in Syrien und im Irak und auf die Nachbarländer wie Türkei, Libanon und Jordanien, in die die Menschen geflohen sind. Seit 2011 haben die Hilfswerke nach eigenen Angaben Projekte für zusammen 47 Millionen Euro finanziert. Mit 55 Euro zum Beispiel könne sich ein Vertriebener im Irak für fünf Monate Dinge des täglichen Bedarfs kaufen, heißt es in dem Flugblatt zur Spendenaktion.
epdGrafik: epd-Bild
Die Trauma-Expertin Dima Zito hat auf die schwierige Lage der weltweit rund 25 Millionen Flüchtlingskinder aufmerksam gemacht. Je jünger ein Mensch sei, desto schwerer könne er die in Kriegen oder auf der Flucht erlittenen seelischen Traumata verarbeiten.
Kinder würden in ihrer Persönlichkeitsentwicklung von unverarbeiteten Traumata stark beeinträchtigt. „Ihre Selbstheilungskräfte sind noch nicht ausgereift“, betonte die Expertin. Sie hätten ein höheres Risiko, Folgeerkrankungen zu entwickeln wie etwa posttraumatische Belastungsstörungen. „Deshalb ist es umso wichtiger, dass sie Hilfen und Therapien erhalten.“
Viele Mädchen und Jungen lebten in Lagern oder unter prekären Bedingungen im Libanon, Jordanien, der Türkei oder in Nordafrika, unterstrich Zito. Die Situation dort sei ein fortwährender Ausnahmezustand ohne Sicherheit, häufig ohne geregelten Alltag und ohne Schulbesuch.
Doch auch in Deutschland sei die Situation der Flüchtlingskinder alles andere als gesundheitsfördernd, kritisiert die Expertin. Sie wohnten oft über lange Zeit in Erstaufnahmelagern und Sammelunterkünften. „Da kommen sie nicht aus der permanenten Anspannung heraus, in der sie sich seit dem Verlassen der Heimat befinden.“ Sie erlebten zudem die Anspannung der Eltern. „Und das schlimmste ist, dass sie immer wieder mitbekommen, dass Bewohner abgeschoben werden.“ Deshalb sei es umso wichtiger, wenn haupt- oder ehrenamtliche Mitarbeiter sich mit den Kindern beschäftigten, mit ihnen spielten und ihnen ein wenig Normalität vermittelten.
Zito bemängelte außerdem, in Deutschland gebe es zu wenige Therapieplätze für traumatisierte Flüchtlingskinder. „Schon eine Diagnose ist manchmal schwierig, weil die Symptome nicht eindeutig sind und Kinder eine lange Zeit scheinbar funktionieren.“ In den ersten 15 Monaten bis zum Erhalt einer Krankenkassenkarte sei es für Flüchtlinge zudem schwierig, überhaupt eine Behandlung genehmigt zu bekommen. Die Weigerung der Krankenkassen, die Dolmetscherkosten für eine Psychotherapie zu übernehmen, habe mitunter fatale Folgen: „Jugendliche, die selbst traumatisiert sind, übersetzen für ihre Eltern in der Psychiatrie.“
epdBild: epd-Bild/ Charlotte Morgenthal
Zum vierten Mal kamen in Hannover Fachleute der Landeskirche und Vertreter von christlichen Migrationsgemeinden zusammen, um ihre Erfahrungen auszutauschen, sich besser zu vernetzen und gemeinsame Projekte zu entwickeln. „Für Flüchtlinge haben Migrationsgemeinden eine sehr große Bedeutung“, erklärte Pastor Dirk Stelter, Ökumene-Beauftragter im Haus kirchlicher Dienste. „Die Hilfe in einzelnen Gemeinden ist meistens aber ehrenamtlich und hat natürlich Grenzen.“ Eine Antwort darauf sei gerade die bessere Vernetzung bestehender Potenziale.
Einer der Referenten, dessen Gemeinde Flüchtlinge tagtäglich unterstützt, war Pastor George Andoh vom International Gospel Center in Hannover. „Wir sind für viele hier Ankommende sofort ein Zufluchtsort“, erläuterte er. Rund 90 Prozent der Menschen in dem internationalen Zentrum kommen aus Afrika. Die Gemeinde gebe Ankommenden drei Dinge: Hoffnung, Vertrauen und Versorgung. Hoffnung gebe die geistliche Gemeinschaft: Vielen werde schon durch ein Gebet geholfen, unterstrich der Pastor.
Stefan Korinth, Evangelische Zeitung (Der ganze Bericht liegt als PDF zum Download vor)Studientag zum Thema Flüchtlingsseelsorge im HkD (Symbolbild). Bild: Carmen Eickhoff-Klouvi
Ablenkung für Menschen, die vor dem Bürgerkrieg in Syrien geflohen sind, im Grenzübergangslager Friedland. Bild: Benedikt Vallendar
Trauer-Zeremonie im Mittelmeer vor der italienischen Insel Lampedusa Bild: epd-Bild/ Ingo Lehnick