Startseite Archiv Tagesthema vom 09. Juni 2015

Dialog vorantreiben

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Evangelische und katholische Kirchenvertreter sehen keine nennenswerten Barrieren mehr auf dem Weg zu einem gemeinsam begangenen Reformationsjubiläum 2017. „Ruckeleien und Missverständnisse“ seien ausgeräumt, sagte der evangelische Landesbischof Karl-Hinrich Manzke (Bückeburg) auf dem evangelischen Kirchentag in Stuttgart. Wesentliche Hindernisse könne er nicht mehr erkennen, erklärte er bei einer Podiumsrunde. Ähnlich äußerte sich der katholische Magdeburger Bischof Gerhard Feige, in dessen Bistum die Lutherstadt Wittenberg liegt.

Die katholische Kirche habe lange überlegt, was es zum 500. Jahrestag des Reformationsbeginns in Deutschland zu feiern gebe, räumte Feige ein. Denn alle vorangegangenen großen Reformationsjahrestage seien antikatholisch oder deutsch-national ausgerichtet gewesen. Das in den vergangenen Jahren entwickelte Konzept der evangelischen Kirche, zu dem Jahrestag den Glauben an Jesus Christus in den Mittelpunkt zu rücken, mache eine Beteiligung der Katholiken einfacher: „2017 kann es ökumenischer zugehen, als ursprünglich geplant.“

Feige, der auch Vorsitzender der Ökumenekommission in der katholischen Deutschen Bischofskonferenz ist, zerstreute zugleich Hoffnungen, große ungelöste Probleme der Ökumene wie das von katholischer Seite aus bislang nicht gewollte gemeinsame Abendmahl könnten bis 2017 überwunden werden. Unter Zeitdruck seien solche weitreichenden Veränderungen nicht realistisch.

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Bild: Luther 2017

Der Kirchenpräsident der Evangelisch-reformierten Kirche, Martin Heimbucher, hat beim Kirchentag in Stuttgart dazu aufgerufen, Feindbilder gegenüber Muslimen zu überwinden. „Es gilt, die Bilder der Gewalt wegzuschieben, die sich zwischen Menschen unterschiedlicher Religionen aufgebaut haben“, sagte Heimbucher in einem Gottesdienst in der Schlosskirche.

Schon bei der täglichen Begegnung mit Muslimen entstünden bei vielen Nicht-Muslimen Bilder im Kopf von Krieg, Gewalt und Terror. Diese Bilder würden von vielen Seiten produziert und millionenfach verbreitet, sagte der reformierte Theologe seinem Predigtmanuskript zufolge: „Oft in der Absicht, das Vorurteil groß zu machen und die Menschen voneinander zu trennen.“ Es gebe nur einen Weg, diese Feind-Bilder zu besiegen: „Seht einander an. Sprecht miteinander. Macht gemeinsame Erfahrungen.“

Heimbucher überschrieb seine Predigt mit den Worten „Lieben ohne Vorurteil“. Er forderte eine Begegnung zwischen Menschen ohne Schubladen-Denken. Zum Lieben ohne Vorurteil gehöre, den anderen nicht dem ersten Blick auszuliefern, sondern einen zweiten und dritten Blick zu riskieren und ins Gespräch zu kommen.

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Bild: DEKT Stuttgart 2015

Der hannoversche Landesbischof Ralf Meister hat Versuche kritisiert, Juden zum Christentum zu bekehren. Beim evangelischen Kirchentag in Stuttgart verwies er  auf das „mühsam erarbeitete“ partnerschaftliche Verhältnis der evangelischen Kirche zu den Juden. Deshalb könne er es nicht akzeptieren, wenn das messianische Judentum versuche, Juden zu missionieren. Das sei zum Beispiel vor einigen Jahren passiert, als messianische Juden sich bemüht hätten, besonders Menschen jüdischen Glaubens aus Russland zu bekehren.

Der jüdisch-messianische Theologe Richard Harvey aus London hingegen sprach von einem „postmissionarischen messianischen Judentum“. Dabei gehe es eher um ein Glaubensbündnis als um Mission. Messianische Juden glauben wie die Christen, dass Jesus der Messias ist. Da sie sich aber weiterhin als Juden verstehen, können sich nur jüdische Menschen ihrem Glauben anschließen.

Das stößt auf Widerstand der evangelischen Kirche, die sich eindeutig gegen die Mission von Juden ausgesprochen hat. Deshalb hat auch der Deutsche Evangelische Kirchentag eine eigenständige Präsentation messianischer Juden erneut abgelehnt.

Einen Austausch der Positionen sollte es aber bei einem theologischen Gespräch bei dem Protestantentreffen geben. Nach vielen Diskussionen im Vorfeld war die Veranstaltung mit Spannung erwartet worden, der Saal in der Liederhalle war überfüllt. Neben Harvey und Meister nahm daran der jüdische Erziehungswissenschaftler und ehemalige Leiter des Fritz-Bauer-Instituts, Micha Brumlik, teil.

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Ralf Meister. Bild: DEKT

Chancen und Grenzen des interreligiösen Dialogs

Festvortrag - Prof. Dr. Klaus von Stosch, Universität Paderborn

Thema Frieden kam zu kurz

Das Thema Frieden ist nach Ansicht des evangelischen Friedensbeauftragten Renke Brahms auf dem zurückliegenden Kirchentag in Stuttgart zu kurz gekommen. „Die Stimme der Pazifisten und Querdenker in Sachen Frieden darf nicht an den Rand gedrängt werden“, mahnte der Beauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).

Er bedauere sehr, dass das „Zentrum Frieden“ nicht in das Hauptprogramm aufgenommen worden sei. „Das müssen wir im Vorfeld des nächsten Kirchentages gemeinsam besser machen.“

Brahms kündigte Gespräche mit der Kirchentagsleitung für den Herbst an. Dabei gehe es nicht um Schuldzuweisungen. Es müsse jedoch deutlich werden, dass „das Thema Frieden künftig wieder eine zentrale Rolle bei den Kirchentagen spielt“.

In der Stuttgarter Friedenskirchengemeinde hatten rund 40 Friedensgruppen ein eigenes „Zentrum Frieden“ mit mehr als 60 Veranstaltungen organisiert. Allerdings wurde dieses Zentrum nicht im offiziellen Kirchentagsprogramm erwähnt. Brahms dankte den Verantwortlichen des Zentrums. Es sei wichtig, „gelingenden Beispielen von gewaltfreien Konfliktlösungen einen prominenten Ort auf dem Kirchentag einzuräumen.“

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Bild: DEKT Stuttgart 2015

„Gebt uns das Paradies zurück“

„Verzeihung, liebe Kirchentagsorganisatoren, aber könnten wir uns nochmal kurz zusammensetzen, bevor Ihr allesamt abgereist seid? Wir sollten da eine Kleinigkeit besprechen. Die Sache ist nämlich die: Wir wollten Euch fragen, ob Ihr den Kirchentag nicht bis auf Weiteres verlängern könntet.

Tut uns leid, dass wir jetzt so unvermittelt damit ums Eck kommen. Aber wir haben halt erst am Montagmorgen bemerkt, wie es ist, wenn man aus dem Paradies vertrieben wird...“