Zwischen Check In und Boarding
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Erste Ideen für eine Kapelle im Flughafen Hannover-Langenhagen gab es bereits im Jahr 2000; zu Expo-Zeiten aber scheiterte das Vorhaben an der Raumfrage. Fünf Jahre später ging es dafür umso schneller: Pastor Ulrich Krämer beauftragte sich mehr oder weniger selbst mit der Erstellung eines Gutachtens, holte die Katholische Kirche in der Region Hannover mit ins Boot und gewann die damalige Landesbischöfin Margot Käßmann als Unterstützerin.
Vor allem dank dieser Allianz und der prominenten Unterstützung dauerte die Realisierung der Pläne dann gerade einmal sechs Wochen: Ein Innenarchitekt und die Ikonen-Malerin Barbara Teubner wurden mit der Ausgestaltung beauftragt und im Frühjahr 2005 konnte die Flughafenkapelle auf der Ankunftsebene zwischen den Terminals A und B eröffnet werden.
„Wir haben uns damals über die Betreuung der Kapelle keine Gedanken gemacht und keine Stelle dafür geplant“, erzählt Ulrich Krämer zum zehnten Geburtstag der Kapelle, der in dieser Woche mit vielen Gästen, einer Pressekonferenz und der Andacht „Zwischenlandung“ gefeiert wurde.
Flughafenseelsorge-Trolley vor der Kapelle. Bild: EMSZ
Schnell wurde nach der Eröffnung jedoch klar, dass es ohne regelmäßige Betreuung nicht ging und so übernahm zunächst Pastor Holger Birth mit einem Stellenanteil die Flughafenseelsorge. Ihm folgte nach drei Jahren Ulrich Krämer, der dem Konvent des Evangelisch-lutherischen Kirchenkreises Burgwedel-Langenhagen zugeordnet ist.
„Meine Arbeit ist ein bunter Strauß aus Notfallseelsorge, Medienarbeit und vor allem Gesprächen mit Menschen, die in einer besonderen Situation einen Gesprächspartner suchen, Flugangst haben oder am Flughafen arbeiten“, erzählt der Flughafenpastor, wie er allgemein genannt wird. Immer wieder überrascht ist er von dem großen Interesse, das die Öffentlichkeit der Flughafenseelsorge entgegen bringt: „Ich hätte früher nie gedacht, dass ich mal so oft ins Fernsehen komme.“
Horst Vorderwülbecke, für die katholische Kirche in der Region Hannover zuständig für die Flughafenseelsorge, würdigt die gute ökumenische Zusammenarbeit und die große Akzeptanz, die die Kapelle bei Besucherinnen und Besuchern ebenso wie bei Mitarbeitern des Flughafens findet: Täglich wird sie von 40 bis 60 Menschen besucht, die sich hier ins Gästebuch eintragen, beten, die Stille genießen und sich ein kleines Heft mit einem Reisesegen mitnehmen.
Haupt- und Ehrenamt tragen die Flughafenseelsorge (von links): Dr. Raoul Hille, Erich Franz, Gerhard von Lingen, Horst Vorderwülbecke, Barbara Teubner, Claudia Lauf und Ulrich Krämer. Bild: Andrea Hesse
Mit zwei Trolleys, gefüllt mit kleinen Geschenken, ist das Team der Flughafenseelsorge häufig auch in den Gates unterwegs: „Zwischen Check In und Boarding kehrt Ruhe ein – das ist wie ein Stück geschenkte Zeit, in der die Menschen gerne mit uns ins Gespräch kommen“, sagt Ulrich Krämer. Dankbar für die Kapelle als Ort der Besinnung und die Arbeit der Flughafenseelsorge ist auch Flughafengeschäftsführer Dr. Raoul Hille, der erst kurz vor Eröffnung der Kapelle seine Tätigkeit in Langenhagen aufgenommen hatte.
Aktuell gehört zum Team der Flughafenseelsorge nur ein Ehrenamtlicher: Pastor i. R. Erich Franz, der für Gespräche in der Kapelle und in den Gates zur Verfügung steht und Andachten gestaltet. Andere langjährige ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mussten ihre Tätigkeit aus Gesundheitsgründen oder aufgrund eines Umzuges aufgeben; jetzt sucht Ulrich Krämer ehrenamtlichen Nachwuchs.
Andrea HessePastor Ulrich Krämer im Gespräch mit einem lokalen Radiosender. Bild: Andrea Hesse
24. März kurz nach 11:00 - erste Meldungen treffen am Flughafen Hannover ein, dass etwas ganz Schlimmes geschehen sei. Es wird befürchtet, dass eine Germanwings-Maschine abgestürzt sei. Schnell bestätigt sich diese Nachricht. 150 Menschen waren an Bord. Sie werden wohl tot sein.
Bei allen, die am Flughafen arbeiten, laufen innerlich Bilder des Schreckens ab. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Germanwings und der Lufthansa sind kaum in der Lage zu arbeiten. Ich muss sofort an meinen Kollegen Detlev Toonen aus Düsseldorf denken. Ich weiß genau, in welchem Ausnahmezustand er sich jetzt befindet.
Bild: Andrea Hesse