Für ein besseres Karma
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Die Absicht, nach China zu reisen, kann mit einer unangenehmen Überraschung beginnen. Nämlich dann, wenn beim Antrag auf das Visum als Arbeitgeber eine Kirche ins Spiel kommt.
Doch ist man erst einmal angekommen, vergisst man schnell die ersten Bedenken und Sorgen. Von Sprache und Schrift einmal abgesehen, ist vieles vertraut: Das Gedränge in der U-Bahn oder der Straßenlärm in der morgendlichen Rush-Hour. Von Religion keine Spur.
Das ändert sich freilich schnell beim touristischen Programm. Das Land ist stolz auf seine lange Geschichte und Kultur. Sichtbar wird es in den baulichen Zeugnissen – und das heißt fast immer: in Tempeln oder Klöstern. Vor allem in Peking, aber auch in Shanghai ist mit Händen greifbar, wie viel Geld hier im Zusammenhang mit Weltausstellung und Olympia investiert wurde.
Das Wahrzeichen einer Acht-Millionen-Stadt: Die Wildgans-Pagode in Xi'An. Ursprünglich war sie gedacht zur Aufbewahrung der aus Indien mitgebrachten heiligen buddhistischen Schriften. Bild: Winfried Gringmuth
Aber reine Museen sind es deswegen nicht. Vor allem die Klöster dürfen sich über viele Besucher freuen – natürlich Ausländer, aber weit mehr Einheimische. Selbst vor der Hauptsaison drängelt man sich heftig vor den Hallen, um den besten Platz für ein schnelles Bild mit dem Handy zu bekommen. Die Mönche können sich also über die Eintrittsgelder freuen – denn nur damit und über den Verkauf von Devotionalien finanzieren sie sich und ihre Einrichtung.
Natürlich ist einer der Gründe dafür die staatliche Grundhaltung. Aber religiöse Praxis wird anders gelebt als im Christentum oder im Islam. Das lässt sich bereits äußerlich in den buddhistischen Tempeln wahrnehmen: Neben der Buddhafigur haben viele weitere Eingang gefunden, die aus der Volksreligion stammen und adaptiert wurden.
So kann ein Chinese der Gegenwart im Tempel seine Räucherstäbchen abrennen und sich in die vier Himmelrichtungen verneigen – und würde sich doch nicht zwingend als religiös bezeichnen. Aber man weiß ja nie… Es schadet ja nicht, eine Spende zu geben für ein besseres Karma oder vorsorglich im Hinblick auf eine Krankheit.
Knapp zehn Prozent der Chinesen bekennen sich zum Buddhismus, heißt es. Das ist jedoch regional sehr unterschiedlich – und wie bei uns in der ehemaligen DDR bleibt die ablehnende Politik nicht ohne Folgen.
Pastor Winfried Gringmuth (Abteilung Internet im Evangelischen MedienServiceZentrum)Das Tempelkloster Lingyin Si in Hangzhou soll nur als Beispiel dienen, wie die Vorstellungen der Himmelskönige in den chinesischen Buddhismus Eingang gefunden haben. Bild: Winfried Gringmuth
Der Jing'An-Tempel an der Nanjing Road in Shanghai ist sicher ein unfreiwilliges Beispiel. Keineswegs klein, ist doch symbolisch das Verhältnis von Wirtschaft und Religion geradezu greifbar. Der Ursprung des Tempels ist deutlich älter; die gegenwärtige Gestalt ist in den vergangenen 50 Jahren entstanden.
Der Jing'An-Tempel an der Nanjing Road in Shanghai. Bild: Winfried Gringmuth
In der Blütezeit des Buddhismus entstand im 5. Jhdt. die Longmen-Grottentempelanlage in Luoyang. Die in den Stein der Berge am Flussufer gehauenen Figuren sind alle gewissermaßen „Bittgaben“ - und die Größe der Figur spiegelt natürlich den finanziellen Einsatz…Deutlich erkennbar sind die Schäden – fast immer eine Folge der Kulturrevolution.
Pastor Winfried Gringmuth (Abteilung Internet im Evangelischen MedienServiceZentrum)Bild: Winfried Gringmuth
Bild: Winfried Gringmuth