„Wie ein kleines Belsen“
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Mit Zeitzeugen aus Belgien, Polen, Irland und Italien will die Gedenkstätte auf dem Gelände des ehemaligen NS-Kriegsgefangenenlagers im niedersächsischen Sandbostel an den 70. Jahrestag der Befreiung erinnern. „In Sandbostel haben britische Soldaten am 29. April 1945 etwa 14.000 Kriegsgefangene und 7.000 KZ-Häftlinge befreit“, sagte Gedenkstätten-Leiter Andreas Ehresmann. Angesichts der Zustände hätten sie das Lager mit den Worten „like a minor belsen - wie ein kleines Belsen“ beschrieben.
Hunderte unbestatteter Leichen hätten auf dem Areal gelegen. Die Überlebenden seien erschöpft über das Gelände geirrt oder hätten apathisch in den Baracken gekauert, sagte Ehresmann. „Trotz verzweifelter Bemühungen des internationalen Widerstandskomitees der Kriegsgefangenen, den KZ-Häftlingen zu helfen, starben Tausende an Krankheiten, Erschöpfung und unmittelbarer Gewalt durch die Wachmannschaften.“
Auch nach der Befreiung starben noch mehr als 500 KZ-Häftlinge an Erschöpfung und Infektionskrankheiten. Bis zur Befreiung durchliefen nach bisherigen Recherchen 313.000 Kriegsgefangene, Zivil- und Militärinternierte aus mehr als 55 Nationen das Lager im heutigen Landkreis Rotenburg. Nachgewiesen ist, dass 5.162 Kriegsgefangene starben. Überdies kamen etwa 3.000 KZ-Häftlinge ums Leben - sie waren völlig abgemagert und entkräftet aus dem KZ Neuengamme bei Hamburg und seinen Außenlagern nach Sandbostel gebracht worden. Wahrscheinlich ist die Zahl aller Toten wesentlich höher, doch seriöse Hinweise fehlen noch.
Ein historisches Foto zeigt das Offizierskasino des damaligen NS-Kriegsgefangenen- und KZ-Auffanglagers Sandbostel im niedersächsischen Heinrichsdorf. Bild: epd-bild
Schon seit dem 1. April wird in der Gedenkstätte mit einer Fotoausstellung auf das Schicksal einiger Überlebender aufmerksam gemacht. Sie zeigt acht Porträts der Berliner Fotografin Sarah Mayr, die bis zum 9. Mai im Foyer zu sehen sind. Zum Jahrestag der Befreiung am 29. April sollen unter anderem Kränze auf dem Lagerfriedhof niedergelegt werden. In einer Gedenkrede kommt ein ehemaliger Kriegsgefangener zu Wort. Zum Abschluss ist ein Gedenkgottesdienst in der Lagerkirche geplant.
Nach der Befreiung errichteten die Briten in Sandbostel ein Internierungslager für Angehörige der Waffen-SS. 1948 übernahm das niedersächsische Justizministerium den Standort als Strafgefängnis, später wurde er als Notaufnahmelager für männliche jugendliche DDR-Flüchtlinge und als Bundeswehrdepot genutzt. 1973 übernahm die Gemeinde Sandbostel das Gelände und wies es als Gewerbegebiet "Immenhain" aus. Später erwarb die Stiftung Lager Sandbostel einen Teil des ehemaligen Lagergeländes und richtete dort eine Gedenkstätte mit historischen Baracken und einer Dauerausstellung ein.
epdEin paar Steinwürfe von Heinrichsdorf entfernt, irgendwo in den sumpfigen Wiesen, trompeten die Kraniche. Es sind die Junggesellen, die da rufen. Faule Gesellen, die sich den Flug zu den Brutplätzen in Skandinavien gespart haben. Nun sind sie Sommergäste am Huvenhoopsmoor im nördlichen Landkreis Rotenburg. Sie sorgen für die akustische Kulisse einer Idylle, die fast vergessen lässt, was hier vor 70 Jahren passiert ist.
Damals gab es Heinrichsdorf noch gar nicht, dafür aber an dieser Stelle eine Siedlung für die Wachmannschaften des benachbarten NS-Kriegsgefangenenlagers Sandbostel - eines der größten der Wehrmacht. Spuren davon finden sich noch immer in der rechtwinkligen Anlage des Dorfes und im ehemaligen Offizierskasino der Wachleute, das bis heute erhalten ist. „Zur Moorquelle“ heißt es auf einem Schild über dem Eingang der einstigen Baracke, die nun als Wohnhaus und gelegentlich noch als Gaststätte genutzt wird.
Baracken des ehemaligen NS-Kriegsgefangenen- und KZ-Auffanglagers im niedersächsischen Sandbostel. Bild: Dieter Sell / epd-Bild
Gedenkveranstaltung zum 70. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Bergen-Belsen. Zentrale Gedenkveranstaltung mit Gedenkfeier am Obelisken, Gedenken am Hochkreuz und Gedenken am Jüdischen Mahnmal.
Eine Veranstaltung des Landes Niedersachsen, des Landesverbandes der jüdischen Gemeinden von Niedersachsen und der Stiftung niedersächsische Gedenkstätten.
Gedenkstätte Bergen-Belsen, am Sonntag, den 26. April, um 11 Uhr
Mit Landesbischof Ralf Meister
Bild: Jens Schulze