Der Halm der Liebe
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Dieser Vers riecht nach Erde. Er spricht in die Frühlingszeit, in der es vielen geradezu in den Fingern juckt: Endlich wieder in der Erde buddeln; jäten, säen und pflanzen.
In jedem Frühjahr ist es zum Staunen: Wie sich Krokusse, Schneeglöckchen und Narzissen ihre Bahn durch das Erdreich brechen! Wie die Farbe zurückkommt in das Graubraun der Natur! Vielleicht liegt es am Frühling, dass mich das Bild des Weizenkorns so anspricht.
Doch es geht im Johannes-Evangelium nicht um Frühling und Gartenarbeit. Der Evangelist Johannes begegnet in seiner Gemeinde der Frage, wie Menschen nach dem Tode Jesu mit ihm verbunden sein können. Wie können Christen mit Jesus Gemeinschaft haben, wenn sie ihn nicht mehr sehen können, wenn er nicht mehr leiblich bei ihnen ist?
Er deutet dies mit dem Bild vom Weizenkorn: Das Korn, das gesät wird, bringt Frucht. Das Korn wird in die Erde gelegt und verschwindet dort; vor unseren Augen ist es sozusagen er-storben. So wird auch der Leib Jesu nach seinem Tod den Augen entzogen. Er ist gestorben und wird begraben in die Erde hinein.
Aber das ist nur das Erste. Denn das Korn erstirbt zwar in der Erde, es löst sich auf. Aber aus ihm wächst auf wundersame Weise neues Leben hervor und bringt vielfache Frucht. So bringt auch der Tod von Jesus Christus Frucht: Die neue Gemeinschaft der Gemeinde, die in ihm verbunden bleibt. Die Frucht ist die Versöhnung der Menschen mit Gott – und seine Liebe, die bleibt.
Das Bild des Weizenkorns spricht vom Vergehen und Werden, vom Tod und der Hoffnung auf neues Leben im Glauben an Jesus Christus. Es spricht von der Passion, aber es verharrt nicht beim Blick auf das Leiden, wie es viele alte Passionslieder tun.
Das Lied „Korn, das in die Erde, in den Tod versinkt“ von Jürgen Henkys (Evangelisches Gesangbuch Nr. 98) nimmt das Bild auf und malt es weiter: „Korn, das in die Erde, in den Tod versinkt. Keim, der aus dem Acker in den Morgen dringt.“ Nicht zufällig steht es im Gesangbuch an der Schwelle zu den Osterliedern, die ab Nummer 99 beginnen. Denn es kann gar nicht vom Tod erzählen, ohne von der Hoffnung zu singen: Der grüne Halm der Liebe bricht sich Bahn. Insofern klingen Text und Lied besonders gut in den Sonntag Laetare („Freuet euch“) hinein, den kleinen Ostervorglanz mitten in der Passionszeit.
Auch in einer anderen Weise ist mir das Bild vom Weizenkorn wichtig geworden. Es nimmt unsere schmerzhaften Erfahrungen auf, wenn Menschen sterben, die wir lieb gehabt haben. Wer gestorben ist, wird in die Erde gelegt. Und wir müssen ertragen, dass da nichts mehr zu sehen ist, was Hoffnung macht. Mancher Trostversuch angesichts des Todes eines geliebten Menschen geht darüber zu schnell hinweg. Trauer heißt dieses Grau anzuschauen und auszu-halten.
Aber: Der grüne Halm der Liebe wächst. Das neue Leben ist unseren Augen noch verborgen, es wird in diesem Leben noch nicht sichtbar. Aber wir dürfen es glauben und singen, weil wir zurückschauen auf die Auferstehung Jesu Christi. Durch ihn gilt auch unseren Verstobenen das neue Leben. In ihm bleiben wir verbunden.
In der Passions- bzw. Fastenzeit vor Ostern werden in Niedersachsen die vier evangelischen Bischöfe und der Kirchenpräsident mit den drei katholischen Bischöfen die Kanzeln tauschen. Die niedersächsischen leitenden Geistlichen betonen damit, dass sie in ökumenischer Verbundenheit auf das Reformationsjubiläum und Reformationsgedenken 2017 zugehen wollen.
Am 1., 8., 15. und 22. März 2015 halten sie in Kirchen der jeweils anderen Konfession Fasten- bzw. Passionspredigten.
Am 15. März 2015 predigt:
- Kirchenpräsident Dr. Martin Heimbucher um 17 Uhr in St. Josef in Lohne (Offizialat Oldenburg)
Am 22. März 2015 predigen:
- Bischof Dr. Franz-Josef Bode um 17 Uhr in der St. Georgs Kirche in Weener (Evangelisch-reformierte Kirche)
- Landesbischof Ralf Meister um 17.30 Uhr im Dom St. Petrus in Osnabrück (Bistum Osnabrück)
- Bischof Norbert Trelle um 18 Uhr in der Marktkirche St. Georgii et Jacobi Hannover (Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers)
Bild: Jens Schulze
Birgit Spörl Bild: privat