Startseite Archiv Tagesthema vom 10. März 2015

Jüdisches Leben ist bunt

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Mit einem „Kippa-Flashmob“ haben etwa 60 Juden und ihre Freunde zu Beginn der Woche in Hannover für ein vielfältiges jüdisches Leben in Deutschland demonstriert. Mit Kippas, der traditionellen jüdischen Kopfbedeckung, sowie Israel-Fahnen und jüdischer Musik zogen sie zum Teil tanzend durch die Innenstadt. An der Demonstration beteiligten sich auch Landtagsabgeordnete von SPD und FDP. Befürchtete Provokationen von Rechtsextremisten blieben aus.

„Es ist schwer, eine Kippa zu tragen, weil man stigmatisiert wird“, sagte Initiator Monty-Maximilian Ott (23) von der Deutsch-Israelischen Gesellschaft in Hannover. Wer sich öffentlich mit einer Kippa zeige, müsse mit feindlichen Blicken und Sprüchen rechnen. Sie kämen von Muslimen ebenso wie aus der Mitte der deutschen Gesellschaft. „Wir wollen zeigen: Es gibt ein buntes jüdisches Leben in der Stadt, und das soll auch so bleiben“, sagte er.

Vor allem nach dem Gaza-Krieg im vergangenen Jahr habe es „wüste antisemitische“ in Deutschland gegen Juden gegeben. Ott erinnerte auch an den Überfall auf den Rabbiner Daniel Alter vor drei Jahren in Berlin.

An der Demonstration nahm auch der Vorsitzende des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden von Niedersachsen, Michael Fürst, teil. „Die Aktion ist großartig“, sagte er dem epd. „Aber man muss aufpassen, dass man es nicht übertreibt.“ Überfälle auf Juden seien in Deutschland zum Glück selten. In Hannover sei die Lage friedlich, und es gebe gute Beziehungen zur palästinensischen Gemeinde.

Nach Angaben der jüdischen Gemeinde-Vorsitzenden Ingrid Wettberg aus Hannover beeinträchtigen Antisemitismus und Judenfeindlichkeit spürbar das Leben von Juden. „Wir haben schon Abmeldungen in unserer Kindertagesstätte“, sagte Wettberg. Eltern hätten Angst vor Anschlägen und fürchteten, dass die Gemeinde nicht ausreichend geschützt sei. Ihre Gemeinde erhalte nahezu täglich Anrufe von besorgten Mitgliedern.

Mit dem „Kippa-Flashmob“ reagierten die Demonstranten auf eine Aussage des Präsidenten des Zentralrates der Juden in Deutschland, Josef Schuster. Er hatte Juden davor gewarnt, in überwiegend von Muslimen bewohnten Stadtvierteln die Kippa zu tragen.

epd

Woche der Brüderlichkeit

In der Woche der Brüderlichkeit 2015 lädt die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Hannover e.V. zu einer gemeinsamen Veranstaltung zum Thema „Im Gehen entsteht der Weg. Impulse christlich-jüdischer Begegnung - 50 Jahre diplomatische Beziehungen zwischen Deutschland und Israel“ ein. Im Rahmen der Feier soll auch die Abraham-Plakette verliehen werden.

Den Festvortrag hält Sonja Lahnstein-Kandel aus Hamburg. Mitwirkende sind zudem u.a. Pastorin Hanna Kreisel-Liebermann und Stadtsuperintendent Hans-Martin Heinemann.

Sonntag, 15. März 2015, 11.30 Uhr, im Haus der Region Hannover.

Immer besonderen Charakter

Mit einem Festakt haben Wissenschaftler aus Deutschland und Israel in Hannover die jahrzehntelange Zusammenarbeit beider Länder in der Forschung gewürdigt. Anlass war die Aufnahme diplomatischer Beziehungen beider Staaten vor 50 Jahren. Die gemeinsame Arbeit der Forscher habe den Weg für die Diplomatie bereitet, sagte Niedersachsens Wissenschaftsministerin Gabriele Heinen-Kljajic (Grüne) bei der Veranstaltung der Volkswagenstiftung im Schloss Herrenhausen. Israel und Deutschland hatten im Mai 1965 erstmals Botschafter ausgetauscht.

„In Verantwortung für die Gräueltaten des Faschismus und den Völkermord an den europäischen Juden werden die deutsch-israelischen Beziehungen für uns immer einen besonderen Charakter haben“, betonte die Ministerin. „Wir sind dankbar dafür, dass wir heute wieder vertrauensvoll zusammenarbeiten können.“ Das Land Niedersachsen engagiere sich dabei seit Jahrzehnten. Ziel sei es, junge Wissenschaftler für einen lebendigen Austausch mit israelischen Kollegen zu begeistern und so die Kooperation weiter auszubauen und zu vertiefen.

Die in Hannover ansässige Volkswagenstiftung hat nach eigenen Angaben bereits 1963 - im zweiten Jahr ihres Bestehens - Mittel für israelische Forschungseinrichtungen bewilligt und bald darauf auch den Austausch von Wissenschaftlern gefördert. 1977 trat daneben ein besonderes Kooperationsprogramm gemeinsam mit dem Ministerium für Wissenschaft und Kultur. Dadurch seien seither 378 Projekte mit insgesamt 47,4 Millionen Euro gefördert worden, sagte Ministerin Heinen-Kljajic. Mehr als 1.500 Wissenschaftler hätten davon profitiert.

epd