Startseite Archiv Tagesthema vom 27. Februar 2015

Neues Lied

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Das schönere Weinberglied steht im Alten Testament, im Buch des Propheten Jesaja, Kapitel 5. Es handelt von Gottes enttäuschter Liebe und unerfüllter Erwartung. „Des HERRN Zebaoth Weinberg aber ist das Haus Israel und die Männer Judas seine Pflanzung, an der sein Herz hing. Er wartete auf Rechtsspruch, siehe, da war Rechtsbruch, auf Gerechtigkeit, siehe, da war Geschrei über Schlechtigkeit.“ So endet das alte Weinberglied.

Ein Lied von einer enttäuschten Liebesbeziehung; am Ende beschließt der Weinbergbesitzer, seinen Weinberg wüst liegen zu lassen.

Der Evangelist Markus bietet eine neue Variante dieses alten Liedes; eine, in der sich die Aussagen und die Gewichte verschieben. Nun geht es nicht mehr um eine Liebesbeziehung sondern um ein Rechtsverhältnis. Die Weingärtner handeln nicht nur enttäuschend, sondern mit zunehmender krimineller Energie. Am Ende werden sie zu Totschlägern und „ernten“ in genau dem Maße, in dem sie selber ausgeteilt haben: sie werden umgebracht.

Das ist die hässlichere Variante. Und die, so behauptet Markus, habe Jesus mit Blick auf die Hohenpriester und Schriftgelehrten erzählt.

In beiden Varianten bleibt das Lied vom Weinberg ohne „happy end“. Gottes Geschichte mit seinen Menschen endet jeweils vernichtend.

Wenn es da nicht noch die dritte Variante gäbe, die wir von Markus mit der zweiten gleich mitgeliefert bekommen: die der neutestamentlichen Gemeinde. Die erzählt die Geschichte nämlich auf Jesus, den Sohn, hin. „Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, ist zum Eckstein geworden.“ So kann man nur erzählen, wenn man von Karfreitag und Ostern herkommt. Auch diese Geschichte endet vernichtend, aber nur noch für einen – und nicht für die vielen. Am Ende dieser Geschichte stehen nicht Strafe oder Rache, sondern Neuanfang und Versöhnung.

Und so entsteht ein neues Lied. Das Lied von der grenzenlosen Liebe Gottes in Jesus Christus. Dieses Lied wird in den nächsten Wochen häufig zu singen sein.

In der Passions- bzw. Fastenzeit vor Ostern werden in Niedersachsen die vier evangelischen Bischöfe und der Kirchenpräsident mit den drei katholischen Bischöfen die Kanzeln tauschen. Die niedersächsischen leitenden Geistlichen betonen damit, dass sie in ökumenischer Verbundenheit auf das Reformationsjubiläum und Reformationsgedenken 2017 zugehen wollen.

Am 1., 8., 15. und 22. März 2015 halten sie in Kirchen der jeweils anderen Konfession Fasten- bzw. Passionspredigten.

Am 1. März 2015 predigen:
- Bischof Dr. Franz-Josef Bode um 18 Uhr in der Stadtkirche Bückeburg (Evangelisch-Lutherische Landeskirche Schaumburg-Lippe)
- Landesbischof Dr. Christoph Meyns um 18 Uhr im Dom zu Hildesheim (Bistum Hildesheim)
- Weihbischof Heinrich Timmerevers um 17 Uhr in der St. Lamberti Kirche in Oldenburg (Evangelisch-Lutherische Kirche in Oldenburg)

(Pressestelle der Landeskirche Hannovers)

Der Text

Wohlan, ich will meinem lieben Freunde singen, ein Lied von meinem Freund und seinem Weinberg.
Mein Freund hatte einen Weinberg auf einer fetten Höhe. Und er grub ihn um und entsteinte ihn und pflanzte darin edle Reben. Er baute auch einen Turm darin und grub eine Kelter und wartete darauf, dass er gute Trauben brächte; aber er brachte schlechte.
Nun richtet, ihr Bürger zu Jerusalem und ihr Männer Judas, zwischen mir und meinem Weinberg! Was sollte man noch mehr tun an meinem Weinberg, das ich nicht getan habe an ihm? Warum hat er denn schlechte Trauben gebracht, während ich darauf wartete, dass er gute brächte?
Wohlan, ich will euch zeigen, was ich mit meinem Weinberg tun will! Sein Zaun soll weggenommen werden, dass er verwüstet werde, und seine Mauer soll eingerissen werden, dass er zertreten werde. Ich will ihn wüst liegen lassen, dass er nicht beschnitten noch gehackt werde, sondern Disteln und Dornen darauf wachsen, und will den Wolken gebieten, dass sie nicht darauf regnen.
Des HERRN Zebaoth Weinberg aber ist das Haus Israel und die Männer Judas seine Pflanzung, an der sein Herz hing. Er wartete auf Rechtsspruch, siehe, da war Rechtsbruch, auf Gerechtigkeit, siehe, da war Geschrei über Schlechtigkeit.

Jesaja 5,1-7
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Bild: Jens Schulze

Der Autor

Reinhard Fiola ist Pastor und ist im EMSZ für das Projekt „Mitgliederpflege“ zuständig.