Der Himmel reisst auf
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Vor uns liegt die Wüstenlandschaft: Eine breite Fläche. Der Horizont ist weit, der Himmel endlos. Hier und da quält sich ein Grasbüschel aus dem sandigen Boden, dann wieder ein vertrockneter Strauch. Weit hinten erheben sich Höhenzüge aus rotbraunem Stein. Davor flimmert die heiße Luft.
Eine Senke durchbricht die Wüste. Da unten ist ein Fluss – mitten in der trockenen Einöde. Dort ist das Ufer grün: Sträucher, Schilf, Büsche, kleine Bäume und Palmen spenden Schatten. Hier ist Schutz vorm Wüstensand, hier fällt das Atmen leichter. Hier ist Leben.
Unten am Flussufer steht Johannes, Wüstenapostel, gekleidet mit einem Tuch aus Kamelhaaren. Jesus kommt hinzu. Ein Zögern, ein Wort, eine Erwiderung. Da taucht Johannes Jesus kurz unter Wasser, er tauft Jesus. Plötzlich geschieht etwas Unerklärliches. Die Zeit scheint still zu stehen. Keine Bewegung, kein Geräusch, nur eins: Der Himmel ist offen. Eine Stimme spricht vom Himmel herab: „Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe.“
Es ist noch Weihnachtszeit. Zeit, in der wir uns daran erinnern, dass Gott Mensch geworden ist. Gott ist ein schutzloses Kind: arm, sogar Verfolgung ausgesetzt und verletzlich wie jedes andere Kind. Doch die Bibel erzählt, dass die himmlischen Heerscharen den Gottessohn ankündigten.
Die Erzählung von der Taufe Jesu sagt genau dies – in anderer eindrucksvoller Szenerie: Jesus ist Gottes Sohn. Der Himmel reißt auf. Gott schlägt die Brücke zu den Menschen.
Ein überwältigendes Himmelsgeschehen wird uns vor Augen geführt. Fast wird die Taufe Jesu zur Nebensache.
Doch durch die Taufe ist für uns heute – auf andere Weise – Gott erlebbar. Sie ist Erinnerung daran, dass Gott für uns ist, bevor wir für Gott sein könnten. Wir sind Gottes Kinder, längst von Gott geliebt, der Mensch wurde. Die Weihnachtsworte von Paul Gerhardt sagen es so: „Da ich noch nicht geboren war, da bist du mir geboren und hast mich dir zu eigen gar, eh ich dich kannt, erkoren. Eh ich durch deine Hand gemacht, da hast du schon bei dir bedacht, wie du mein wolltest werden.“ (EG 37,2)
Dass wir uns als Gottes Kinder verstehen, birgt die Chance, Gottes Geist wirken zu lassen: friedfertige, gerechtigkeitsdurstige Menschen zu sein, Menschen, die Armut und Leiden lindern. Noch einmal das Weihnachtslied: „Ich komme, bring, und schenke dir, was du mir hast gegeben…“
Zurück zu der Szene in der Wüste.
Mir geht es so: Wenn die Strahlen der Sonne zwischen den Wolken blitzen, besonders am Abend, wenn der Himmel orange und rot zu glühen scheint, dann bleibe ich oft wie angewurzelt stehen und bin überwältigt. Dieses Leuchten könnte mich auch an die Szene in der Wüste erinnern – und daran, dass der Himmel damals aufgerissen ist – auch für uns.
Bild: Jens Schulze