"Es gibt Parallelen zwischen Sport und Kirche"
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Am 20. Juli startet in Australien die Fußball-WM der Frauen. Susanne Paul, Landespastorin für Frauenarbeit, wünscht sich mehr Anerkennung von Frauen auf dem Spielfeld. Andernfalls könnten die ihre Kraft und Energie an anderen erfolgsversprechenden Orten investieren.
Frau Paul, bevor Sie zur Landespastorin für die Frauenarbeit berufen wurden, waren sie viele Jahre Pastorin in der Martin-Luther-Gemeinde in Ramlingen-Ehlershausen, ein Dorf, in dem der Fußball fest verankert ist. Mit wieviel Leidenschaft fiebern Sie der Fußball-WM für Frauen entgegen?
Paul: Ich freue mich sehr auf die Frauenfußballweltmeisterschaft. Ich mag die Art, wie Frauen Fußball spielen. Da stecken viel Technik und weniger Showeinlagen drin. Und ich finde, der Frauenfußball hat sich in den letzten Jahren unglaublich entwickelt. Außerdem bin ich sehr beruhigt, dass auch das Fernsehen die Attraktivität von Frauenfußball erkannt hat.
Das Interesse an Frauenfußball nimmt ja offensichtlich zu, von einem regelrechten Boom wie in England können die Frauen hierzulande aber nur träumen. Ob in den Jugendmannschaften oder höheren Ligen – in allen Klubs zeigt sich, dass Fußball noch immer eine Männerbastion ist. Warum haben es Mädchen und Frauen in diesem Sport schwerer?
Paul: Eine kleine Geschichte dazu: Unter meinen Konfirmandinnen waren in einem Jahrgang viele Fußballspielerinnen. Der RSE hat für sie ein Turnier ausgerichtet und die Mädchen freuten sich ungeheuerlich, waren nachher aber auch ein bisschen enttäuscht. Die Jungs hatten beim Turnier vorher richtig tolle Trikots bekommen, ihre waren ganz einfache. Sie haben dann darüber einen Jugendgottesdienst gestaltet und so ihrem Ärger, ihrer Enttäuschung, aber auch ihrem Wissen darüber, dass sie genauso gut Fußball spielen wie die Jungs, Ausdruck verliehen. Dieses Erlebnis ist gar nicht den bösen Absichten des Vereins zuzuschreiben. Sondern es demonstriert das immer noch geringere Ansehen der Frauen, die Fußball spielen. Bei den Männern sitzen das Geld und die Sponsoren sowie eine sehr starke Lobby. Es wird noch einige Zeit kosten, hier etwas Balance hineinzubringen.
Sie setzen sich in der Landeskirche für Frauenrechte ein. Sehen Sie Parallelen zwischen der Rolle der Frauen in der Kirche und im Sport? Schließlich kämpfen Frauen in der Kirche ja auch seit langem dafür, dass sich in Sachen Gleichberechtigung mehr tut.
Paul: Da gibt es schon Parallelen. Zum Beispiel heißt es nicht Männerfußball, sondern immer Frauenfußball. Wenn Männer Fußball spielen, ist das normal. Spielen Frauen Fußball, muss es extra benannt werden. Wenn Gott als Herr oder Vater angeredet wird, ist das normal. Wenn Gott als Mutter oder mit anderen weiblichen Attributen angeredet wird, gibt es immer noch Anlass zur Diskussion. Fehler, die Frauen machen, werden oft mit ihrem Geschlecht in Verbindung gebracht. Das ist bei Fußballkommentatorinnen ähnlich.
Die Strukturen in unserer Kirche sind männlich geprägt. Die Struktur in der Bundesliga auch. Und in beiden Fällen merken wir, wie viel Kraft, Geduld und Energie nötig ist, sie zu ändern. Und sowohl in der Kirche als auch beim Fußball besteht die Gefahr, dass die Frauen verloren gehen, weil sie ihre Kraft, Geduld und Energie an anderen erfolgsversprechenden Orten investieren.