Kirche unterwegs in Niedersachsen
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Sie sind in ganz Niedersachsen unterwegs, in diesem Jahr seit Anfang Juli und bis Mitte August. Ihr weißes Kirchenzelt – manchmal sogar mit echtem Glockenturm - bauen sie mitten auf dem Campingplatz auf, die Teamer selbst schlafen im Wohnwagen nebenan. Die Rede ist von „Kirche Unterwegs“, einem Programm, das das Haus Kirchlicher Dienste 1961 aus der Taufe gehoben hat.
Weil der Glaube keinen Urlaub macht, bietet die „Kirchengemeinde auf Zeit“ kleinen und großen Feriengästen in diesem Jahr noch auf vier Campingplätzen zwischen Harz und Nordsee ein spannendes Freizeitprogramm zu biblischen Geschichten - und wird von den meisten Zeltplatzbewohnern begeistert angenommen. Trotzdem ist die Karawane in diesem Sommer auf Abschiedstour.
„Wir finden einfach nicht mehr genügend Helfer, die ihre Zeit opfern, um mit uns auf Campingplätzen unterwegs zu sein“, sagt Antje Wachtmann, Referentin für Kirche im Tourismus und Kirche unterwegs, im Haus kirchlicher Dienste. Sie selbst bietet Seminare an, in denen interessierte Ehrenamtliche zu Jugendleitern ausgebildet werden. Für eine Sommersaison werden auf jedem der Plätze aber mindestens drei bis vier, besser noch fünf der „Juleicas“ gebraucht. „Und die zu bekommen, ist von Jahr zu Jahr schwieriger geworden.“
Angefangen hat vor mehr als 60 Jahren alles mit einem alten LKW. Damals haben die Kirchenleute vor allem Neubaugebiete angesteuert, deren Bewohnern ohne Kirche etwas fehlte.
Irgendwann kam die Idee auf, sich auf Campingplätzen unter die Leute zu mischen. „In Hochzeiten haben wir 16 Zeltplätze zwischen Harz und Nordsee bespielt, Unterstützung haben unsere Ehrenamtlichen von den Kirchenkreisen und Diakonen vor Ort bekommen“, sagt Antje Wachtmann. Heute muss jedoch überall eingespart werden, auch an Kirchenpersonal.
Bis zu drei Wochen lang haben die unternehmungslustigen Teams unter den Campern gelebt und Platzbewohnern gezeigt, dass Kirche überall erlebbar ist. Zum klassischen Unterhaltungsprogramm der „Kirche unterwegs“-Teams gehören Spiele- und Bastelaktionen zu biblischen Themen, es werden Kinderkirchenlieder gesungen und es wird getanzt. Zum Abschluss des Tages halten alle Stockbrot übers Feuer, für die Kleinsten gibt es eine Gutenachtgeschichte und nach dem Abendsegen geht’s dann ab ins Bett. Dann kommt die Zeit der Erwachsenen, die bei guten Gesprächen, Wein und Käse zusammensitzen. An jedem Sonntag wird in der „Gemeinde“ Gottesdienst gefeiert.
„Urlaub ist der neue Sonntag, denn da sind die Menschen entspannt und offen für Neues“, erzählt Antje Wachtmann. Viele Campingplatzbewohner schauen zunächst erst einmal von weitem, was „Kirche“ da treibt, nähern sich dann aber vorsichtig an und stellen schließlich fest, dass die Erlebnisse im Kirchenzelt für Kinder vor allem Erinnerungen an eine schöne Zeit mit sich bringen. „Und wenn von Gott und Jesus erzählt wird, ist das auch nicht schlimm, denn am Ende ist alles unverbindlich und für uns zählt, dass sich die Menschen positiv an uns erinnern“, erklärt Antje Wachtmann. Auch wenn sie im Alltag nicht viel mit Kirche am Hut haben. Projekte wie „Kirche unterwegs“ sind es, mit denen Kirche aktiv gegen Vorurteile anarbeitet. So stellen die Teams immer wieder fest, dass bei vielen Campern noch tradierte Erfahrungen und strenge Klischees in den Köpfen verankert sind. „Umso wichtiger ist es eigentlich, als Kirche dort zu sein, wo die Menschen über uns stolpern, weil wir bunt und wild sind“, sagt Antje Wachtmann.
Dennoch: Zum Personalmangel kommt, dass sich die Besucherstruktur auf den Campingplätzen wandelt. Statt Familien mit Kindern kämen immer mehr kinderlose Paare mit ganz anderen Bedürfnissen auf die Campingplätze, hat die Referentin beobachtet. Aber wieviel Einsatz ist denn bei den Ehrenamtlichen tatsächlich gefragt, dass sich kaum noch junge Leute finden lassen, die sich für das beliebte Kirchenprojekt stark machen wollen? „Man braucht viel Man- und Womenpower, denn allein die drei Wochen auf dem Zeltplatz bedeuten im Vorfeld und währenddessen sehr, sehr viel Arbeit für alle Helfer“, weiß Antje Wachtmann.