Startseite Archiv Nachricht vom 06. April 2023

Osternacht mit der Gemeinde

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Wenn Sonja Thomaier über die bevorstehende Osternacht, die Nacht von Karsamstag auf Ostersonntag, spricht, ist ihr die Vorfreude anzuhören. Es ist das zweite Mal, dass die junge Vikarin die Osternacht in der evangelischen Dreifaltigkeitskirche in Hannover gestaltet. „Es ist immer richtig schön, die Kirche ist gut besucht, die Menschen schätzen die besondere Atmosphäre“, sagt die 33-Jährige. Der Gottesdienst in der Osternacht galt in der frühen Kirche als der bedeutendste des ganzen Jahres. Noch heute wird in zahlreichen Kirchen die Osternacht gefeiert - entweder spätabends oder früh am Morgen.

Vor der von 1880 bis 1883 aus Holz, Ziegel und Sandstein gebauten Dreifaltigkeitskirche treffen sich die Menschen pünktlich um sechs Uhr morgens. Gemeinsam gehen sie ins dunkle Innere des neugotischen Gotteshauses, jeder mit einer Kerze in der Hand, die noch nicht angezündet ist. Der einzige Lichtschein, der zu diesem Zeitpunkt die Kirche flackernd erhellt, kommt von der großen Osterkerze, die ein Konfirmand der Gemeinde feierlich durch den Mittelgang in den Altarraum zum Taufbecken trägt.

An der Feier der Osternacht sind viele Menschen beteiligt: der Küster, der Organist, der Chor mit seiner Leiterin sowie ehrenamtliche Gottesdiensthelfer, die Texte vortragen - und natürlich die Predigerin und Liturgin Thomaier. „Für mich sind diese Feiertage intensiv und wichtig“, sagt die angehende Pastorin, die in Göttingen, Jerusalem und Berlin Theologie studiert hat. „Sie geben Gelegenheit, ehrlich auf die Schattenseiten des Lebens zu blicken.“ Das gemeinsam auszuhalten, nicht zu verdrängen, im stärkenden Wissen, dass Ostern bevorsteht, sei besonders.

Karfreitag, Karsamstag und Ostersonntag bildeten einen emotionalen Dreiklang, sagt Thomaier. Karfreitag stehe mit der Kreuzigung Jesu für die Zerbrechlichkeit des Lebens, für Not und Leid. Karsamstag dann folge die Stille, die nach Schockmomenten eintritt und die viele Menschen aus eigener Erfahrung kennen. Am Ostersonntag dann kommen Licht und Zuversicht in die Welt. Jesus ist in der Nacht auferstanden, am frühen Morgen ist sein Grab leer - auf Verzweiflung folgt Hoffnung, auf Trauer Freude.

Das Osterlicht erfüllt zum Morgen hin zunehmend auch die Dreifaltigkeitskirche. Nicht nur, weil es allmählich draußen dämmert, sondern auch, weil die Konfirmanden das Licht der Osterkerze an die Gottesdienstbesucher in den Sitzreihen verteilen. Immer mehr kleine Osterlichter werden entzündet, der Kirchraum ist in warmes Kerzenlicht getaucht. „Die Dunkelheit ist nicht weg, aber sie dominiert nicht mehr, wir erhellen sie mit unseren Hoffnungslichtern“, sagt Thomaier.

Diese Atmosphäre, das Wissen, dass auf jeden Abbruch ein Neuanfang folge, und zwar ganz ohne eigenes Zutun, sei beruhigend und symbolisiere für sie die kommenden Feiertage. „Ostern hat für mich eine Trotzkraft.“ Die Gemeinde in Hannovers Oststadt feiert die Osternacht mit dieser Kraft. Das Evangelium wird gelesen, das Abendmahl gefeiert, am Taufbecken an die eigene Taufe erinnert, an den Aufbruch in ein neues Leben.

Wenn sich die Gemeinde am Ostersonntag in den Bänken ein letztes Mal erhebt, wird es etwa sieben Uhr morgens sein. Der Tag ist angebrochen, die Menschen schreiten durch das Hauptportal der Dreifaltigkeitskirche der Sonne entgegen - und wer mag, kann sich im Gemeindehaus bei einem festlichen Osterfrühstück stärken.

Julia Pennigsdorf (epd)
Vikarin Sonja Thomaier steht mit dem Osterlicht in der Dreifaltigkeitskirche in Hannover. Bild: epd-bild / Nancy Heusel

Ostergottesdienste