Tod eines Schülers: Ministerin für behutsame Aufarbeitung
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Der Tod eines 14-Jährigen in Wunstorf hat viele Menschen schockiert. Mutmaßlich soll ihn ein Gleichaltriger getötet haben. Die Schule öffnete am Montag ihre Räume für trauernde Mitschüler. Die Kultusministerin warnt vor zu frühen Verurteilungen.
Wunstorf/Hannover. Nach dem gewaltsamen Tod eines 14-jährigen Schülers aus Wunstorf bei Hannover hat sich Niedersachsens Kultusministerin Julia Willie Hamburg (Grüne) für eine umfassende Aufarbeitung und Aufklärung ausgesprochen. „Es geht jetzt darum, der Schule und insbesondere den Kindern den Raum zu geben, das Erlebte zu begreifen und zu verarbeiten“, sagte sie der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“ (Montag). Dafür hätten die Schule, die Kirche und die Landesschulbehörde Strukturen aufgebaut.
Der Schüler wurde nach Angaben der Staatsanwaltschaft Hannover mutmaßlich von einem gleichaltrigen Bekannten getötet. Beide Jugendlichen besuchten verschiedene achte Klassen an der Evangelischen Integrierten Gesamtschule in Wunstorf, wie die hannoversche Landeskirche als Trägerin der Schule bestätigte. Der Tatverdächtige sitzt wegen dringenden Mordverdachts in Untersuchungshaft. Die Staatsanwaltschaft geht von einer vorsätzlichen Tat aus. Die Obduktion habe „stumpfe Gewalteinwirkung“ als Todesursache ergeben.
Die Evangelische IGS in Wunstorf öffnete am Montag trotz der Zeugnisferien ihre Räume, um den Mitschülerinnen und Mitschülern des Opfers eine Anlaufstelle für ihre Trauer und ihre Ängste zu geben. Gesprächsangebote und der mit Blumen und Kerzen geschmückte Andachtsraum seien rege genutzt worden, sagte ein Kirchensprecher dem Evangelischen Pressedienst (epd). Zwei Lehrkräfte und ein Seelsorger seien vor Ort. Viele Schülerinnen und Schüler seien durch die Tat sehr verunsichert, hieß es.
Ministerin Hamburg sagte, es gebe klare Verfahren im Umgang mit Mobbing und Gewalt an Schulen. Zu frühe Verurteilungen und Beschuldigungen auch aus Wut und Fassungslosigkeit heraus trügen nicht zu einer Lösungsfindung und Aufklärung bei. Bei der Aufarbeitung des Falles müssten alle Beteiligten besonders behutsam sein, um Retraumatisierungen zu vermeiden. Die Ministerin hatte am Freitag an einer nicht öffentlichen Trauerfeier an der IGS teilgenommen.
Der Leichnam des getöteten Schülers war in der vergangenen Woche nach einer groß angelegten Suche auf einem Brachgelände am Rande eines Dorfes bei Wunstorf gefunden worden. Der Junge war am Abend zuvor nicht von einer Verabredung mit dem Bekannten zurückgekehrt und als vermisst gemeldet worden. Der Bekannte gab zu, den Jungen getötet und seinen Leichnam versteckt zu haben.
Eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft sagte am Montag dem epd, der Tatverdächtige sei nicht vorbestraft, und gegen ihn habe es bisher kein Ermittlungsverfahren gegeben. Der Jugendliche sei noch nicht lange 14 Jahre alt. Mord kann nach dem Jugendstrafrecht mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren geahndet werden.
Die evangelische Stiftskirchengemeinde in Wunstorf berichtete, das Ereignis habe viele Menschen in der Stadt stark beschäftigt. Einzelne Menschen hätten das Gespräch gesucht, sagte Pastor Thomas Gleitz dem epd.
Nach Angaben des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen kommt es sehr selten vor, dass Kinder bis 14 Jahren einen Menschen töten. Laut der polizeilichen Kriminalstatistik der vergangenen 20 Jahre schwanke die Anzahl der tatverdächtigen Kinder pro Jahr deutschlandweit zwischen eins und neun. Insgesamt hätten Delikte mit schwerer Körperverletzung in den letzten Jahren kontinuierlich abgenommen.
epd-Landesdienst Niedersachsen-Bremen