Konfis – eine wichtige Gemeinde auf Zeit
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Loccum. Auswendig lernen, im Gottesdienst auf dem Präsentierteller sitzen und am Ende eine Prüfung vor dem Kirchenvorstand ablegen – so lief die Konfirmandenzeit früher ab. Und heute? „Ich finde durchaus, dass die Konfis etwas über die Zehn Gebote lernen und das Vaterunser sprechen können sollten“, sagt Ilse Mörchen. „Aber sie müssen verstehen, warum – und was das mit ihnen zu tun hat.“ Ilse Mörchen ist Diakonin in der St.-Paulus-Gemeinde in Buxtehude und eine von elf neuen Berater*innen für die Konfi-Arbeit. Am Mittwoch wurde „Kurs 8“ in einem Gottesdienst in Loccum für diesen Dienst gesegnet.
„Ich arbeite sehr gerne mit Konfirmand*innen, das ist auch seit langem ein Schwerpunkt meiner Tätigkeit als Diakonin“, sagt Mörchen. „Mich in diesem Bereich weiterzubilden, hat mich gelockt. Ich bin jetzt 54 Jahre alt und habe inzwischen auch so viel Berufserfahrung, dass ich mir zutraue, andere Kolleg*innen zu beraten.“ Dabei ist die berufsbegleitende Weiterbildung unter Federführung des Religionspädagogischen Instituts Loccum (RPI) kein Spaziergang. Sie erstreckt sich über zwei Jahre und umfasst mehrere Seminare, eine Hospitation mit Beratungsgespräch und einen Abschlussessay.
„Die Weiterbildung hat mir neue Türen geöffnet und gezeigt, wie Konfi-Arbeit aussehen kann“, sagt Martyna Pieczka. Die 37-Jährige ist Pastorin in der Johanneskirche Empelde im Kirchenkreis Ronnenberg. Aufgewachsen ist Pieczka in Oberschlesien, wo sie in ihrer Heimatstadt Zabrze zum Konfirmandenunterricht gegangen ist. Der war auch eher klassisch: „Ich musste den ganzen Kleinen Katechismus auswendig lernen, dazu noch alle Strophen des Liedes ‚Ein feste Burg ist unser Gott‘ und ein paar biblische Texte.“ Heute möchte sie zu neuen Methoden ermutigen. Die Konfis seien zwar „eine Gemeinde auf Zeit, aber sehr wichtig für die Gemeinde“.
Die Berater*innen für die Konfi-Arbeit werden in der Landeskirche vielseitig eingesetzt. Sie unterstützen in der Vikariatsausbildung, aber auch bei Fortbildungsveranstaltungen des RPI. Sie sind gefragte Fachleute, wenn Projekte entwickelt oder Materialien für die Konfi-Arbeit erstellt werden. „Vor allem aber beraten sie natürlich“, sagt Andreas Behr, bis vor kurzem Dozent für Konfirmand*innen-Arbeit am RPI. „Zukünftig werden immer mehr Gemeinden ihre Konfi-Arbeit neu aufstellen. Dabei ist es immer gut, wenn jemand von außen kommt und den Prozess moderiert und begleitet.“
Die Weiterbildung für Pastor*innen und Diakon*innen gibt es bereits seit mehr als 20 Jahren. Mit dem achten Kurs endet Behrs Zeit als RPI-Dozent endgültig. Der Pastor hat bereits seine neue Stelle als landeskirchlicher Beauftragter für den Kirchentag 2025 in Hannover angetreten. Doch für die Konfi-Arbeit schlägt sein Herz weiterhin: „Ich bleibe selbst Berater und damit der Beratungsszene und den tollen Kolleg*innen aus dem Kurs verbunden.“
Eben jene „Beratungsszene“ traf sich für drei Tage in Loccum, das Motto lautete „Neustart nach Krisen“. Auch die Konfizeit und nicht zuletzt zahlreiche Konfirmationen waren stark von der Corona-Pandemie beeinträchtigt. Inzwischen sind weitere Krisen dazugekommen, für deren Verarbeitung die Konfi-Gruppe ein guter Ort wäre. Viele Mitarbeitende in der Konfi-Arbeit sind deshalb froh, wenn es wieder Präsenztreffen gibt.
„Besonders die Konfi-Camps sind Highlights“, sagt Volker Michaelsen, der ebenfalls zu den „Neuen“ gehört. Wenn der 44-jährige Pastor in Heeslingen (Kirchenkreis Bremervörde-Zeven) an seine eigene Jugend zurückdenkt, war das nicht viel anders: „Ich erinnere mich vor allem an die Konfi-Freizeit und die Konfirmation.“ Nun möchte er mit dafür sorgen, dass bei den Konfis durch eine zeitgemäße Arbeit vielleicht noch mehr hängenbleibt. „Als Berater kann ich von meiner Erfahrung weitergeben und profitiere auch selbst.“
Im Mittelpunkt des Gottesdienstes, in dem die sieben neuen Beraterinnen und vier Berater in ihren Dienst eingeführt wurden, stand die Jahreslosung: „Du bist ein Gott, der mich sieht.“ Auch bei Jugendlichen gehe es, vor allem in den sozialen Medien, oft um ein Gesehen-Werden-Wollen, sagte Pastor Marc Wischnowsky in seiner Predigt. Für viele biete sich hier die Chance, mit ihrem Image zu spielen. „Aber es beherrschen nicht alle. Manche bleiben einsam“, gab der Referatsleiter in der Bildungsabteilung des Landeskirchenamtes zu bedenken. Die Pandemie habe zudem gezeigt, dass das Gesehen-Werden auf Bildschirmen die persönliche Begegnung nicht ersetzt.
Bettina Wittmann-Stasch, stellvertretende Rektorin des RPI, bedankte sich bei den Berater*innen für ihre Bereitschaft, in veränderten Zeiten auf die Konfi-Arbeit zu schauen. „Anders als früher benötigt sie mehr Zeit, mehr Ideen und mehr Arbeit an Beziehungen.“ Die Jahreslosung sei daher „wie gemacht“ für diese wichtige Aufgabe. Marc Wischnowsky formulierte es so: „Gott sieht mich und ich sehe die Welt mit anderen Augen – das ist auch ein Motiv für die Arbeit mit Konfirmandinnen und Konfirmanden.“
Für ihre erfolgreiche Teilnahme an der Weiterbildung erhalten die Berater*innen ein Zertifikat. Die Landeskirche hat bereits einen neuen Kurs genehmigt. Er startet voraussichtlich in zwei oder drei Jahren.
Lothar Veit / EMA