EKD kritisiert in Brief an DFB-Präsidenten Austragung der WM in Katar
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„Helfen Sie, die unselige Instrumentalisierung des Fußballs zum Zwecke des sportswashing zu beenden“, erbitten Spitzenvertreter der evangelischen Kirche drei Wochen vor Beginn der Fußball-Weltmeisterschaft in Katar vom DFB-Präsidenten Neuendorf.
Hannover. Rund drei Wochen vor Beginn der Fußball-Weltmeisterschaft in Katar hat die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) Austragungsort und Zeitpunkt des Turniers scharf kritisiert. In einem am Freitag veröffentlichten Brief an den Präsidenten des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), Bernd Neuendorf, verweisen die EKD-Ratsvorsitzende Annette Kurschus und der Sportbeauftragte der EKD, Thorsten Latzel, auf die Menschenrechtslage im WM-Gastgeberland und fordern Neuendorf auf: „Helfen Sie, die unselige Instrumentalisierung des Fußballs zum Zwecke des sportswashing zu beenden.“
In Katar würden fundamentale Menschenrechte verletzt, kritisieren Kurschus und Latzel und nennen als Beispiel die Vollstreckung der Todesstrafe an einem nepalesischen Gastarbeiter im Jahr 2020. Sie rufen den DFB-Präsidenten dazu auf, sich bei einer Reise zusammen mit Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) am Montag und Dienstag nächster Woche vor Ort ein Bild von der Lage der Arbeitsmigranten zu machen.
Neuendorf solle die Frauen und Männer in deren Wohnquartieren besuchen, sofern sie vorher nicht außer Landes gebracht worden seien. Auf Anfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) sagte DFB-Sprecher Steffen Simon, selbstverständlich werde sich Neuendorf auch bei der bevorstehenden Reise für Menschenrechte einsetzen, wie er das bereits häufig getan habe.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sagte am Freitag in Berlin: „Keine WM findet im luftleeren Raum statt. Menschenrechte gelten immer und überall - und jetzt schaut die ganze Welt besonders hin.“ Der organisierte Sport trage selbstverständlich eine Verantwortung. Deshalb sei mit Blick auf künftige internationale Sportveranstaltungen sicherzustellen, dass die Vergabe an menschenrechtliche Standards geknüpft wird.
Kritik äußerten die westfälische Präses Kurschus und der rheinische Präses Latzel in ihrem Brief auch an der Austragung der Weltmeisterschaft in den Wochen vor Weihnachten. „Eigens für diesen klimatisch ungeeigneten Austragungsort ist die WM in den späten Herbst verlegt worden, in die Zeit des christlichen Advent wie des jüdischen Chanukka“, heißt es in dem Brief. Der Auftakt sei für den Ewigkeitssonntag geplant. „An diesem Sonntag wird bei uns in stiller Trauer der Verstorbenen des vergangenen Jahres gedacht“, schreiben die Theologin und der Theologe und führen aus, dass die WM den Charakter und die Stimmung des öffentlichen Raums präge.
„Dies beeinträchtigt die Menschen, die diese Wochen als Zeit der adventlichen Besinnung erleben möchten - und das sind nicht allein Gläubige“, heißt es in dem Schreiben. Die Gleichzeitigkeit von Advent und WM werde zahlreiche Menschen in Konflikte bringen, in innere und familiäre.
In einem am Freitag online veröffentlichten Interview des evangelischen Monatsmagazins „chrismon“ sagte Latzel mit Blick auf die WM-Vergabe 2010: „Die Reaktion in der Gesellschaft war damals zu schwach. Die Probleme hätten schon viel früher Thema sein müssen.“ Auch ein WM-Boykott durch den DFB wäre aus seiner Sicht eine Option gewesen.
epd Landesdienst Niedersachsen-Bremen