Diakonie und Kirche fordern Suizidpräventionsgesetz
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Berlin. Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) und die Diakonie Deutschland fordern vor einer gesetzlichen Neuregelung des assistierten Suizids die Verabschiedung eines Suizidpräventions-Gesetzes.
EKD-Ratsvorsitzende Annette Kurschus: "Suizid-Prävention muss allem anderen vorgehen. Menschen, die für sich keinen anderen Ausweg mehr sehen, und ihre An- und Zugehörigen dürfen wir nicht sich selbst überlassen. Wir wollen sie begleiten und ihnen möglichst Alternativen aufzeigen, ohne ihr Selbstbestimmungsrecht in Frage zu stellen. Wir müssen schon viel früher ansetzen, wenn Menschen in einer für sie unerträglichen Lebenslage oder bei einer schweren Erkrankung einen Suizidwunsch äußern. Dies müssen wir schärfer wahrnehmen und Menschen in suizidalen Krisen frühzeitig helfen und sie professionell unterstützen."
Diakonie-Präsident Ulrich Lilie: "Suizid-Prävention setzt bereits weit vor einem assistierten Suizid an. Dazu gehören ein Aktionsplan, um Öffentlichkeit und Fachkräfte für das Thema umfassend zu sensibilisieren, sowie ein breites Netz von leistungsfähigen Präventions- und Krisendiensten. Außerdem müssen mehr psychotherapeutische und psychosoziale Angebote geschaffen werden. Dies gilt insbesondere für Jugendliche und ältere Menschen."
Diakonie und Kirche sprechen sich dafür aus, dass bestehende Angebote ausgebaut werden, die speziell auf die soziale Teilhabe älterer Menschen zugeschnitten sind und sozialer Isolation und Einsamkeit entgegenwirken.
Darüber hinaus müssen auch die Menschen die Möglichkeit haben, ein individuelles ganzheitliches Beratungsangebot zur gesundheitlichen Versorgung in der letzten Lebensphase in Anspruch zu nehmen, auch die, die nicht in Einrichtungen leben. Ein weiterer zentraler Punkt zur wirkungsvollen Suizid-Prävention ist der Ausbau der Palliativversorgung.
Zur Neuregelung des assistierten Suizids liegen dem Bundestag bislang drei interfraktionelle Gesetzesvorschläge vor. Das Bundesverfassungsgericht hatte im Februar 2020 das Selbstbestimmungsrecht der Einzelnen in Bezug auf das eigene Sterben gestärkt und den Gesetzgeber aufgefordert, tätig zu werden.
"Die individuelle Lage und Verletzlichkeit der Menschen mit Suizidwunsch muss bei der gesetzlichen Neuregelung besonders in den Blick genommen werden", sagt Diakonie-Präsident Lilie. Dazu müssen spezialisierte und bedarfsgerechte Beratungs- und Hilfsangebote flächendeckend aufgebaut und dauerhaft gesichert werden. Zudem müssen die Beratungsangebote auch für Angehörige und Verwandte sowie für Mitarbeitende geöffnet werden, für die ein Suizid ebenfalls eine Belastung darstellen kann. "An dieser Stelle hat jeder der drei bisher im Bundestag vorliegenden Gesetzentwürfe zur Neuregelung des assistierten Suizids große Lücken.“ Darüber hinaus fänden sich nicht in allen Entwürfen hinreichende Fristen zur Sicherung der Beständigkeit eines Suizidentschlusses. "Gute Beratung braucht auch Zeit, um wirksam werden zu können. Ein Verlauf von mindestens acht Wochen muss abgewartet werden. Anderes kann allenfalls bei terminaler Diagnose gelten", so Lilie und Kurschus.
Das parlamentarische Verfahren wird begleitet durch eine zivilgesellschaftliche Debatte, an der sich die Diakonie und die Kirchen beteiligen. Dazu hat die Diakonie 2020 einen innerverbandlichen Diskussionsprozess gestartet. Dabei ist eine Orientierungshilfe zum assistierten Suizid entstanden, die sich an die diakonischen Einrichtungen und Dienste richtet. Die Orientierungshilfe und die Forderungen von evangelischer Kirche und Diakonie werden am Donnerstag im Rahmen eines parlamentarischen Abends Politikerinnen und Politikern vorgestellt.
Gemeinsame Pressemitteilung von Diakonie Deutschland und Evangelische Kirche in Deutschland