Startseite Archiv Nachricht vom 24. September 2021

Marc Blessing wird am 3. Oktober als neuer Pastor an der Marktkirche Hannover in sein Amt eingeführt

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Hannover. 12 Jahre Genf und ein Jahr Vikariat in Brüssel haben Marc Blessings Ohren geschärft. „Als erstes fiel mir in Hannover auf, wie viele Sprachen auf der Straße zu hören sind, Arabisch, Englisch oder Russisch zum Beispiel“, sagt der neue Pastor an der Marktkirche. Seit September lebt Blessing mit seiner Familie in der Leinestadt. Am Sonntag, 3. Oktober, wird er in einem feierlichen Gottesdienst von Superintendentin Bärbel Wallrath-Peter um 15 Uhr in der Marktkirche in sein Amt eingeführt.

In Genf hat der 53-Jährige seit 2009 als Pastor der deutschsprachigen Evangelisch-Lutherischen Kirche gearbeitet. „Ähnlich wie die Marktkirche umfasste meine Genfer Gemeinde auch rund 1000, teils verstreut lebende Mitglieder, zahlreiche davon arbeiteten bei den großen internationalen Organisationen“, erzählt Blessing. In Genf habe er gelernt, Kirche in einer säkularisierten Umwelt zu gestalten. „Im Kanton Genf gibt es keine Kirchensteuer und keine Staat-Kirchen-Verträge“, berichtet der Pastor. „Das betraf alle Glaubensgemeinschaften.“ Als lutherischer Vertreter saß er in einem Rat, der 42 Glaubensrichtungen in der Öffentlichkeit repräsentierte. „Vertreter unterschiedlicher Religionen müssen lernen, bei gemeinsamen wichtigen Anliegen mit einer Stimme zu sprechen“ ist seine feste Überzeugung. Überschneidungen sieht er beispielsweise bei bioethischen Fragestellungen wie Sterbehilfe oder Gentechnik.

Kirche weltoffen und einladend für Anders- oder Nichtgläubige zu denken, das werde ihm auch in der Arbeit in Hannover zugutekommen, ist der gebürtige Baden-Württemberger überzeugt. „Die Marktkirche ist sowohl Gemeinde- als auch Stadtkirche der Bürgergesellschaft.“ So sieht er ebenso eine Aufgabe darin, die Kerngemeinde zu pflegen und aufzubauen wie auch eine aktive Rolle in der politisch-kulturellen Stadtgesellschaft zu spielen. „In beiden Bereichen kann ich in der Marktkirche an Traditionen anknüpfen“, weiß der Theologe. Sie sei als Kulturkirche und Ort des gesellschaftlichen Dialogs ebenso gut aufgestellt wie als diakonische Kirche, die im Winter ihre Türen für Obdachlose öffne. Pflege der Kerngemeinde und Öffnung in die Gesellschaft hinein, sind für Blessing keine Gegensätze. „Je stärker sich eine Gemeinde mit ihrer Kirche identifiziert, desto mehr Wirkung besitzt sie nach außen“, ist er überzeugt. Mit dem Team, einem Stamm von rund 70 aktiven Ehrenamtlichen und der für ihn spürbaren „Sehnsucht nach Gemeinschaft“ sieht er in der Marktkirche gute Voraussetzungen, „das, was uns als Kirche anvertraut ist, nach außen hin strahlen zu lassen.“ Sein Credo: „Die Kirche verfügt über Schätze, die ihr von Gott geschenkt wurden und die sie weitergeben kann und soll.“

Zusammenhalt und Identifikation sind für den Pastor auch besonders in kritischen Zeiten wichtig. Wie bei der Auseinandersetzung um das noch nicht eingebaute Reformationsfenster des Künstlers Markus Lüpertz, die seit Jahren außer- und auch innerhalb der Kirche geführt wird. „Wenn es noch möglich wäre, würde ich mir hier einen Konsens wünschen“, sagt Blessing, für den die schon erfolgte Mehrheitsentscheidung im Kirchenvorstand für das Fenster ein hohes demokratisches Gut ist. „Ich kann den Wunsch der Fenstergegner nach einer durchgehend schlichten Ästhetik des Kirchenraumes nachvollziehen“, sagt er. „Doch Kunst darf eine Zumutung sein und kann so durchaus zu wichtigen Diskussionen anregen.“ Beispielsweise darüber, wofür die Reformation steht und wie sich „unsere Stadtgesellschaft durch Luther verändert und entwickelt hat“. So könne das umstrittene Fenster eine produktive Wirkung entfalten.

Dass Marc Blessing Pastor werden würde, war kein vorgezeichneter Weg. Zwar gehörte sein Großvater als Pastor der Bekennenden Kirche an, doch erwartete der als Unternehmer tätige Vater von seinem ältesten Sohn die Geschäftsnachfolge. Es brauchte ein ernüchterndes Wirtschaftspraktikum in den USA und eine inspirierende Zeit in einer englischen religiösen Kommunität bis Blessing sich für den Weg in die Kirche entschied. Horizonterweiterung im Ausland, so scheint es, gehört zu seinem Werdegang  dazu. Landeshauptstadt, Messestadt, Sitz der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und des Reformierten Weltbundes, Kirchentagsstadt 2025, „Hannover ist klein genug, um Heimat zu bieten und groß genug, um Kirche über ihren Turm hinaus zu denken und zu gestalten“, ist sich Blessing sicher. Das mit der Heimat könnte schnell gehen. Schließlich ist seine Ehefrau Karin Blessing, mit der er fünf Kinder im Alter von elf bis 21 Jahren hat, in Hannover aufgewachsen.

Information: Der Einführungsgottesdienst am 3. Oktober beginnt um 15 Uhr in der Marktkirche. Superintendentin Bärbel Wallrath-Peter leitet die Einführung, Pastor Marc Blessing hält die Predigt. Es musizieren der Jugendchor unter der Leitung von Lisa Laage-Smidt, der Bachchor unter der Leitung von Jörg Straube und Ulfert Smidt an der Orgel. Der Gottesdienst ist per Livestream unter der Adresse http://www.marktkirche-hannover.de zu verfolgen. 

Stadtkirchenverband Hannover/ Sabine Dörfel
Marc Blessing
Pastor Marc Blessing. Foto: Jens Schulze