Regionalbischof fordert mehr Feingefühl im Miteinander der Religionen
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Osnabrück. Der Osnabrücker evangelische Regionalbischof Friedrich Selter hat die Christen zu mehr Sensibilität im Miteinander mit Juden und Menschen anderer Religionen insgesamt aufgerufen. „Wir brauchen mehr Feingefühl dafür, was den anderen ehrt oder verletzt“, sagte Selter am Mittwoch im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Wichtig sei dies überall dort, wo Menschen unterschiedlicher Religionen zusammenkämen, etwa in Krankenhäusern, Schulen, Kitas oder am Arbeitsplatz.
Die im Grundgesetz verankerte Religions- und Glaubensfreiheit bedeute auch eine Verpflichtung, sagte Selter im Blick auf das Festjahr zum 1.700-jährigen Bestehen des jüdischen Lebens in Deutschland: „Wir sind es besonders den Menschen in Ländern, in denen diese Freiheit unterdrückt wird, schuldig zu zeigen, dass die Angehörigen der unterschiedlichen Religionen friedlich zusammenleben und sich gegenseitig respektieren können.“
Dass Akzeptanz nicht immer leicht sei, zeige ein Beispiel aus dem Miteinander von Kirchengemeinden und orthodoxen Synagogengemeinden. Während Christinnen und Christen unbefangen einer Einladung in eine Synagoge folgen könnten, werde ein orthodoxer Jude niemals einen christlichen Gottesdienst besuchen, sagte Selter. Das christliche Bekenntnis zum dreieinigen Gott - Vater, Sohn und Heiliger Geist - und vor allem das Bekenntnis zu Jesus als dem verheißenen Christus stehe dem jüdischen Warten auf das Kommen des Messias entgegen. „Zu akzeptieren, dass uns hier etwas Grundlegendes trennt, verlangt uns einiges ab.“ Andererseits sei das, was Christen und Juden verbinde, umso kostbarer. „Darum bin ich dankbar für jede gute und freundschaftliche Begegnung.“
Um ein Feingefühl und auch Verständnis entwickeln zu können, müssten Christen allerdings mehr über das Judentum erfahren, forderte der Regionalbischof. Wer sich etwa mit dem Schabbat beschäftige, könne darin vielleicht sogar neue Anregungen für die eigene Gestaltung des christlichen Sonntags finden. Viele Juden betrachteten diesen Feiertag wirklich als Auszeit, an dem sie ganz in die Welt der Gebete und des Zusammenseins mit der Familie und Gemeindemitgliedern eintauchten. „Es würde sich lohnen, wenn unsere Gesellschaft ebenfalls einen solchen Ruhetag wiederentdecken würde. Eine Ruhezeit für die ganze Schöpfung würde Freiräume für Besinnung und Erholung schaffen.“
Selter regte an, mehr Zusammenkünfte an „religiös neutralen Orten“ zu ermöglichen und zu organisieren, bei denen Menschen sich auf Augenhöhe begegnen könnten. Städtische Feste der Religionen oder multireligiöse Straßenfeste habe er als Bereicherung erlebt: „Ich bin Fan einer bunten Gesellschaft. Ich muss nicht um die halbe Welt reisen, um andere Kulturen kennenzulernen, sondern kann das in unseren Städten erleben.“
Der Regionalbischof erinnerte an die Gedenkfeiern in zahlreichen Städten für die Opfer der Corona-Pandemie, an denen selbstverständlich Juden, Christen, Muslime und Vertreter weiterer Religionen teilgenommen hätten. „Bei diesen elementaren Dingen des Lebens wie Tod, Trauer, aber auch Hoffnung stehen wir Seite an Seite. Und das ist auch gut so.“
epd Landesdienst Niedersachsen-Bremen