Kirchenkreiskonferenz diskutiert mit Landesbischof Meister über Sterbehilfe
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Wolfsburg-Wittingen. Als im Februar diesen Jahres das Bundesverfassungsgericht den §217 Strafgesetzbuch kippte, passierte erstaunlich – wenig. Und das, obwohl mit dem Urteil das Verbot der gewerbsmäßigen Sterbehilfe
in Deutschland aufgehoben wurde und damit Dignitas & Co freie Hand erhielten. Die Hüter des Grundgesetzes hatten vor allem der Selbstbestimmung des Menschen oberste Priorität eingeräumt. Die Würde des Menschen und der Schutz des Lebens werde mit dieser Rechtsprechung gefährdet, warnten nicht nur die Patientenschützer. „Wenn wir den Würdebegriff final an das Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen binden – dann bleibt für Relationalität kein Platz mehr“, warnt auch der hannoversche Landesbischof Ralf Meister. „Es geht nicht um Dich allein, Du lebst immer mit anderen gemeinsam!“, sagt Meister, der das Urteil zum §217 begrüßt hatte. Er, der kurz nach dem Bundesverfassungsgerichtsurteil medial eine Position bezog, die in der öffentlichen kirchlichen Landschaft solitär war „Ich war vor dem Urteil mit der Gesetzgebung unzufrieden, denn sie bedeutete keine Rechtssicherheit für Ärztinnen und Ärzte. Die derzeitige rechtliche Lage ist allerdings noch schlechter als vor dem Urteil.“
Er wolle den assistierten Suizid und auch das Recht darauf nicht theologisch verurteilen. „Es ist für mich ein Akt der Barmherzigkeit, Menschen, die sich nach langer Abwägung für diesen Weg entschieden haben, zu begleiten.“ Viel zu lange hätten sich die christlichen Kirchen, auch die evangelische, sehr schwer damit getan, das Selbstbestimmungsrecht des Menschen anzuerkennen. „Wir haben große Schwierigkeiten, uns auf Selbstbestimmung einzulassen und argumentieren mit diffusen Bildern“, kritisiert er. Lange hätten die Kirchen beispielsweise Patient:innenverfügungen abgelehnt, Suizid sei früher von der Kirche sanktioniert worden. Kirche und Gesellschaft müssten sich fragen, wie lebensschützend und lebensbegleitend sie überhaupt seien, um Menschen im Leben zu halten.
„Wir müssen das ausloten: Bis wohin kann es gehen und bis wohin aber auch nicht?“ Über Menschen mit depressiven Erkrankungen, die nicht mehr leben wollten oder gar über Kinder mit Suizidwunsch habe er gar nicht sprechen wollen, erläuterte Meister. Es sei ihm um die Menschen gegangen, die in der letzten Lebensphase aus dem Leben scheiden wollten, es allein aber nicht könnten. „Für diese Menschen brauchen wir eine Lösung.“ Eine Lösung, die es der Palliativmedizin ermöglicht, rechtssicher zu agieren. Mit geeigneten Schutzkonzepten und rechtlich sicherem Rahmen für Ausnahmefälle, „dass wir sie dann auch begleiten können“. Schutzkonzepte für die unantastbare Würde des Lebens und gegen den befürchteten gesellschaftlichen Druck zum sogenannten sozialverträglichen Frühableben seien dafür nötig. „Eigentlich ist der Glaube an Jesus Christus das große Schutzkonzept, dass Du nicht alleine lebst, sondern vom Anfang bis zum Ende in Beziehung. Dafür stehen wir als Kirche, nicht allein, sondern mit anderen.“ Er wünsche sich Widerspruch und Diskurs in seiner Kirche, sagte der Landesbischof. „Denn unser stärkster Schutz ist momentan: Dass wir eine wache Demokratie bleiben, die das Grundgesetz an den entscheidenden Stellen nicht verändert!“
Öffentlichkeitsarbeit im Kirchenkreis Wolfsburg-Wittingen