Erntedank: Frage nach Schuld und Verantwortung
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Ralf Meister zum Erntedank 2020
Im Vaterunser folgt auf die Bitte um das tägliche Brot als nächste Bitte: „Und vergib uns unsere Schuld.“ Direkt mit einem „und“ sind diese Bitten miteinander verbunden. Unsere Bitte um das Brot wird immer in Beziehung stehen zu unserer Schuld.
Wo gehen wir nachlässig, sorglos, unaufmerksam mit den Gaben um, für die Landwirtinnen und Landwirte gesorgt haben? Wo missachten wir in der Billigerzeugung die notwendigen Maßstäbe, die wir den Mitgeschöpfen gewähren müssen? Wo überschreiten wir die Grenzen, wenn wir für die intensive Nahrungsproduktion in fremden Ländern Raubbau akzeptieren oder fahrlässig die Schöpfung vor Ort belasten? Wo entwertet der Handel durch Billigpreise die landwirtschaftlichen Erträge? Wo wird die Geschöpflichkeit der Tiere und der göttliche Ursprung des Bodens preisgegeben? Und haben wir Verbrauchende unsere kritische Haltung für ein paar Euro oder Cent im Supermarkt an der Kasse abgegeben? Gott, vergib uns unsere Schuld!
Ich habe mit vielen sehr verantwortlichen und gleichzeitig sehr nachdenklichen Landwirtinnen und Landwirten gesprochen. Und gesehen, wie sie darunter leiden, dass aus dem Respekt gegenüber ihrer Arbeit heute oft Misstrauen und Verdacht geworden ist. Beides haben sie nicht verdient. Reden wir mit ihnen. Hören wir ihnen zu und suchen gemeinsam gute Wege. „Unser täglich Brot gib uns heute“ - diese Bitte legt die Verantwortung für den Boden und die Tiere, für die Luft, das Wasser und die Pflanzen in die Hand von uns allen - in die Hand der Landwirtinnen und Landwirte genauso wie der Ernährungswirtschaft und aller Verbrauchenden.
Landesbischof Ralf Meister