EKD beschließt Aufarbeitungsstudie zu sexualisierter Gewalt
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Hannover. Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) will ab Oktober in mehreren Studien sexualisierte Gewalt aufarbeiten. Die 20 Landeskirchen stimmten der Beauftragung eines unabhängigen Forschungsverbunds am Mittwochabend in einer digitalen Sitzung der Kirchenkonferenz einstimmig zu, wie die EKD am Donnerstag in Hannover mitteilte. Der Forschungsverbund soll in mehreren Teilstudien Ursachen und Besonderheiten von sexualisierter Gewalt in der evangelischen Kirche untersuchen.
"Wir wollen Geschehenes rückhaltlos aufarbeiten, um so dafür Sorge zu tragen, dass künftiges Leid und Gewalt in Kirche und Diakonie bestmöglich verhindert werden", sagte die Sprecherin des Beauftragtenrates der EKD, Kirsten Fehrs. Bis Mitte Mai haben sich 770 Menschen bei der EKD gemeldet, die Opfer von sexualisierter Gewalt geworden sind.
Nach den Plänen des Forschungsverbunds soll es vier oder fünf Studien zu einzelnen Aspekten geben, etwa zu Täterstrukturen oder zu den Auswirkungen des sexuellen Missbrauchs auf die Biografie der Betroffenen. Außerdem ist eine Metastudie geplant, die sowohl bereits vorliegende Einzelstudien von Landeskirchen als auch die Teilstudien zusammenführt. "Wir wollen mit den Studien klären, welche besonderen Risikofaktoren für Missbrauch in der evangelischen Kirche und der Diakonie bestehen, etwa in Bezug auf Kinder- und Jugendarbeit, Jugendfreizeiten und Pfadfinderarbeit", sagte Fehrs.
Die 3,6 Millionen Euro teure Studie soll den Angaben zufolge innerhalb von drei Jahren Ergebnisse liefern. Sie werde von Betroffenen begleitet, sagte Fehrs. So sollen Zwischenergebnisse regelmäßig auch mit Betroffenen diskutiert werden.
Auch der Betroffenenbeirat, der die Arbeit des Beauftragtenrates begleiten soll, solle im Laufe des Sommers berufen werden, teilte die EKD mit. Ursprünglich war geplant gewesen, dass der Betroffenenbeirat, der aus zwölf Mitgliedern bestehen soll, seine Arbeit im Mai aufnimmt. Doch zum Ende der Bewerbungsfrist Ende Januar hatten noch nicht genügend Bewerbungen vorgelegen, die Frist war daher auf Ende März verlängert worden. Die Auswahl der Mitglieder hatte sich zudem durch die Kontaktbeschränkungen infolge der Corona-Pandemie verzögert.
Die Studien sind Teil eines Maßnahmenpakets zum Schutz vor sexualisierter Gewalt, das die EKD im November 2018 beschlossen hatte. Seitdem hat die evangelische Kirche unter anderem einen Beauftragtenrat zum Schutz vor sexualisierter Gewalt sowie die unabhängige "Zentrale Anlaufstelle.help" für Betroffene eingerichtet.
Eine ursprünglich vorgesehene Dunkelfeldstudie, die die Dimensionen des Kindesmissbrauchs erhellen sollte, wurde zurückgestellt. Das Vorhaben stellte sich als zu teuer heraus, wenn es wissenschaftlich valide durchgeführt werden soll. Die EKD setzt sich weiterhin für eine solche Studie ein und versucht, unter anderen den Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, für eine übergreifende Dunkelfeldstudie zu gewinnen.
Die katholische Deutsche Bischofskonferenz hatte im September 2018 die sogenannte MHG-Studie zur Aufarbeitung des Missbrauchs in der katholischen Kirche vorgestellt. Mehrere Bistümer arbeiten das Thema Missbrauch zudem gesondert auf. Zuletzt hatte das Bistum Limburg am Wochenende einen Abschlussbericht mit 61 Maßnahmen veröffentlicht, um Missbrauch in Zukunft zu verhindern.
epd Landesdienst Niedersachsen-Bremen