Ethikrat: Freiheitsbeschränkungen möglichst bald lockern
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Berlin. Der Deutsche Ethikrat begrüßt die politischen Maßnahmen
zur Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus, fordert aber auch ein
Szenario für den Ausstieg aus den drastischen Alltagsbeschränkungen.
Freiheitsbeschränkungen müssten kontinuierlich mit Blick auf die
vielfältigen sozialen und ökonomischen Folgelasten geprüft und
möglichst bald schrittweise gelockert werden, heißt es in einer am
Freitag veröffentlichten Stellungnahme des Gremiums zur aktuellen
Corona-Krise. Darin befasst sich der Ethikrat auch mit der
sogenannten Triage, der Auswahl von Patienten, wenn die
Krankenhauskapazitäten nicht reichen.
Der Ethikrat betont, dass es eine große Ressource der Solidarität
in der Gesellschaft gebe, die für eine Akzeptanz der Maßnahmen sorge.
Die derzeitigen Kontaktsperren sollen die Ansteckung insbesondere von
Risikogruppen und eine Überlastung des Gesundheitssystems verhindern.
Die Ressource bestehe aber «weder automatisch noch unbegrenzt»,
heißt es in der Stellungnahme: «Ungewissheit über das Ende solcher
Maßnahmen führt mit zunehmender Dauer zur Entsolidarisierung und
Demotivation.» Zudem drohten «Systemgefährdungen», beispielsweise im
Bildungssystem, dessen Einrichtungen derzeit nahezu komplett
geschlossen sind.
Problematisch seien die Beschränkungen auch für Patienten, deren
medizinische Behandlung als derzeit nicht zwingend notwendig
ausgesetzt wird, von häuslicher Gewalt betroffene Frauen oder
Personen in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe, der
Behindertenhilfe, der Sozialpsychiatrie und in Pflegeheimen, denen
Besuche vorenthalten werden.
Wesentlicher Orientierungspunkt für das Vorgehen in der kommenden
Zeit sei aber die weitgehende Vermeidung von Triage-Situationen,
betont der Ethikrat. Für die Triage selbst entwickelte der Ethikrat
keine Kriterien, sondern verwies auf Empfehlungen der medizinischen
Fachgesellschaften.
Die Wissenschaftler halten aber fest, dass eine Auswahl von
Patienten etwa bei zu wenig verfügbaren Beatmungsgeräten unter
ethischen Gesichtspunkten erfolgen kann. Eine Auswahl «ex post», bei
der die Behandlung eines Patienten abgebrochen würde zugunsten eines
anderen, dessen Heilung erfolgversprechender ist, hält das Gremium
für problematisch.