Mehr als 140 Kita-Fachkräfte beschäftigen sich im RPI Loccum mit dem Thema „Wert-volle Kita“
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Loccum. Vorsichtig öffnet der Puppenspieler die große braune Ledertasche und fasst hinein. Zum Vorschein kommt Lotta, eine Klappmaulpuppe mit großen Knopfaugen und zwei braunen Zöpfen. Zunächst ist sie noch ein wenig schüchtern, aber schnell fasst Lotta Vertrauen zu den vielen Erwachsenen, die da vor ihr sitzen, und beginnt zu erzählen. Stolz präsentiert sie ihre Tasche, in der sie alles dabeihat, was eine Frau zum Leben braucht: einen Kamm und ihr Fischbrötchen.
Gespielt wird Lotta von dem Puppenspieler und Theaterpädagogen Olaf Möller. Zu Gast sind die beiden beim Treffpunkt Kindergarten im Religionspädagogischen Institut Loccum (RPI), an dem in der vergangenen Woche mehr als 140 pädagogische Fachkräfte aus den evangelischen Kindertagesstätten der Landeskirche Hannovers teilnahmen. Der Treffpunkt stand unter dem Titel „Wert-volle Kita“. Gert Liebenehm-Degenhard, am RPI Loccum zuständig für die Elementarpädagogik und Leiter der Veranstaltung, erklärt dazu: „Die Begleitung und Förderung von Gefühl und Mitgefühl im Kindesalter gehört zu den religionspädagogischen Kernaufgaben. Wie Kinder lernen, ihre Gefühle wahrzunehmen und auszudrücken, hat großen Einfluss auf ihre Entwicklung. Und die Art und Weise, wie sie trösten, helfen und teilen lernen, bestimmt, welche Werte sie verinnerlichen.“
Zu dem bewusst doppeldeutigen Titel „Wert-volle Kita“ fand jede*r Teilnehmer*in ganz persönliche Bezugspunkte. Verena Kretzner von der evangelischen Kindertagesstätte Regenbogen in Schiffdorf fühlt sich davon sofort angesprochen: „Die Rede von der wertvollen Kita spiegelt sich auch in meiner täglichen Arbeit wider“, so erklärt sie. „Gerade in einer christlichen Kita geht es doch darum, jedes Kind so anzunehmen wie es ist. Und jedes Kind ist eben – wertvoll.“ Und Silvia Rümenapp von der evangelischen Kindertagesstätte Baumhaus in Nikolausberg ergänzt: „Wert-volle Kita – das steht für mich auch dafür, dass man selbst den Wert seiner eigenen Arbeit erkennt. Und dass man sich immer wieder bewusstmacht, wie toll es ist, mit Kindern arbeiten zu dürfen, und wie mutig man für diese Arbeit zugleich sein muss, weil man so viel von der eigenen Seele zeigt.“
So vielfältig wie die Assoziationen zum Titel sind die Angebote des Treffpunkts, bei denen jede und jeder neue Ideen für die eigene Arbeit erhält. Es geht um Bilderbücher, vorurteilsfreie Pädagogik, um wertschätzende Zusammenarbeit mit Eltern, und natürlich auch um biblische Geschichten, die bei der kindlichen Wertebildung helfen können. Silvia Rümenapp berichtet begeistert von der Anregung, eine Schatzkiste zu gestalten: Jedes Kind bekommt eine kleine Box geschenkt, in der Dinge gesammelt werden, die dem Kind wichtig sind und die an Situationen erinnern, die es gemeistert hat. So erhält jedes Kind im Laufe der Zeit ein Sammelsurium an kleinen Erinnerungen, die stolz machen auf die eigenen Leistungen. Verena Kretzner fasst ihre Erkenntnisse zusammen: „Beziehung und Bindung sind einfach unglaublich wichtig. Das spiegelt sich in allen Kitaarbeitsbereichen wider und ist auch hier wieder deutlich geworden.“
An beiden Tagen des Treffpunkts mit dabei sind Lotta und Olaf – und geben den Teilnehmer*innen immer wieder neue Impulse. Etwa als sich Lotta verabschieden will und dem Publikum erzählt, dass sie nicht bleiben kann, weil sie ihr Meerschweinchen füttern muss. Olaf stellt sie zur Rede: „Lotta, du hast doch gar kein Meerschweinchen.“ Sie beharrt jedoch darauf: „Doch, hab’ ich wohl – in Gedanken.“ Und so kommt raus: Die Puppe Lotta hat Angst, wenn es laut ist. Deshalb will sie nicht länger bleiben und muss lügen, um gehen zu dürfen. Das sei eine „Überlebensnotlüge“, rechtfertigt sie sich. Olaf Möller erklärt den Erzieher*innen: „Wenn die Kinder in einer solchen Situation wissen wollen, ob Lotta nicht doch nochmal wiederkommen kann, dann geht es darum, gemeinsam zu überlegen und zu fragen: Schafft ihr es, so ruhig zu sein, dass Lotta sich nochmal hierher traut?“
So lernen Kinder dank Lotta, sich in andere einzufühlen und Verantwortung zu übernehmen. „Früher glaubte man, die Ausbildung der eigenen Vorstellungen von Gut und Böse geschieht vor allem über den Intellekt“, erklärt Gert Liebenehm-Degenhard. „Heute weiß man aber, dass Wertebildung ganz eng mit Gefühlen verknüpft ist. Puppen helfen Kindern, ihre eigenen Gefühle wahrzunehmen und mit ihnen umzugehen. Und das Schöne an Puppen ist: Sie dürfen Gefühle zeigen und Dinge tun, die sonst kaum erlaubt sind.“ Auch deshalb ist Olaf Möller das Puppenspiel für Kinder eine Herzensangelegenheit: „Die allerwertvollste Kita ist vermutlich die, in der Kinder am allermeisten spielen können. Und Handpuppen sind ein tolles Mittel dazu, Kinder zum Spielen zu animieren.“ Und noch etwas ist Olaf Möller wichtig: „Es ist gar nicht nötig, dass das Spiel immer irgendeine Funktion hat. Niemand muss schlauer werden. Spielen soll vor allem Freude machen – den Kindern und den Erwachsenen.“ Damit das gelingt, gibt Olaf Möller zahlreiche Tipps für den Einsatz und den Umgang mit Handpuppen. So lädt er die pädagogischen Fachkräfte ein, selbst die Puppen zu spielen – am besten schon ab der nächsten Woche. Denn: „Puppenspiel ist nicht einfach eine Methode, sondern vor allem ein Geschenk, das ihr den Kindern machen könnt!“ Wer mehr über diese Arbeit erfahren will, in der Lachen und Lernen so schön zusammenfällt, kann sich auch auf seiner Homepage www.lebendiges-handpuppenspiel.de inspirieren lassen.
Öffentlichkeitsarbeit im RPI Loccum