Startseite Archiv Nachricht vom 19. November 2019

"Ich habe etwas zu sagen, aber nichts zu verkündigen"

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Niedersachsens Justizministerin Barbara Havliza (CDU) hat am Reformationstag gepredigt - und berichtet bei „Gefragt“ darüber, welche Erfahrungen sie dabei gesammelt hat. 

Frau Havliza, Sie haben am Reformationstag 2019 in der Meller St. Petri-Kirche gepredigt: Haben Sie sich auf die Kanzel begeben oder an einem Pult gesprochen? Was war der Grund für Ihre Ortswahl?
Ich bin seit vielen Jahren mit der in Melle wirkenden Pastorin Sigrid ten Thoren und mit ihrem Mann, dem Superintendenten Hannes Meyer-ten Thoren, befreundet. Die beiden haben mich eingeladen, in der St. Petri-Kirche auf der Bürgerkanzel zu sprechen. Das war mir eine besondere Ehre. Ich habe jedoch an einem Pult gesprochen. Alles andere wäre vermessen gewesen, denn ich habe zwar etwas zu sagen, aber nichts zu verkündigen.

In einem „Zeit“-Interview (hinter einer Paywall, Anm.d.Red.) haben Sie 2018 gesagt: "Jemand, der predigt, redet ja automatisch irgendwann darüber, was moralisch besser oder schlechter ist. Das ist nicht meins.“ Was war Ihnen in Ihrer Meller Predigt wichtig - was wollten Sie Ihren Zuhörerinnen und Zuhörern vermitteln?
Zu dem von Ihnen zitierten Satz stehe ich natürlich auch heute noch. Er bezog sich auf das Selbstverständnis von Richterinnen und Richtern - also auf jenen Beruf, den ich rund 30 Jahre lang mit Hingabe ausgeübt habe. Aber auch bei der Predigt von der Bürgerkanzel geht es ja gerade nicht darum, zu moralisieren. Sondern es geht darum, dass auch Nichttheologen in der Kirche ihre Gedanken zu Gott und der Welt formulieren können. Es war mir bei der Predigt wichtig, dazu aufzurufen, dass wir uns zur Wehr setzen. Gegen eine zunehmende Stärkung des rechten Randes, des Antisemitismus, des Nationalismus und des Rechtspopulismus - in Deutschland und in weiten Teilen Europas.  

Sie halten als Ministerin häufig Reden  - war die Predigt etwas anderes? Oder „nur" eine Rede in kirchlichem Umfeld?
Ich habe schon häufiger in Kirchen gesprochen, zum Beispiel in der Marktkirche in Hannover. Und ja, es ist immer etwas Besonderes. Denn das politische Kleinklein spielt bei einer Rede in einer Kirche keine Rolle, das wird einem solchen Ort nicht gerecht. Wenn ich in einer Kirche spreche, dann über das, was mich bewegt. Und ich glaube, in einer Kirche spüren das die Zuhörer in besonderer Weise. Viele Menschen haben mir nach dem Gottesdienst gesagt, wie wichtig und richtig sie meine klaren Worte gefunden haben. Das hat mich sehr gefreut.
 

Alexander Nortrup