Diakonie-Sprecher Lenke: "Kümmerer" könnten bei Altersarmut helfen
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Die Diakonie in Niedersachsen will mit der gestern startenden "Woche der Diakonie" auf Menschen aufmerksam machen, die sich von Politik und Gesellschaft mit ihren Problemen alleingelassen fühlen. Unter dem doppeldeutigen Motto "Unerhört!" sollen Wohnungslose, Flüchtlinge, Menschen mit wenig Geld oder Protestwähler zu Wort kommen. In vielen Veranstaltungen stellen diakonische Einrichtungen und evangelische Gemeinden ihre Angebote vor. Immer häufiger berichteten Senioren aus ländlichen Regionen, die ein geringes Einkommen hätten, über soziale Probleme und Altersarmut, hieß es. Darüber sprach der Evangelische Pressedienst (epd) mit dem Vorstandssprecher der Diakonie in Niedersachsen, Joachim Lenke.
epd: Herr Lenke, wie sieht Altersarmut auf dem Land aus und welches sind die besonderen Probleme alter Menschen mit geringem Einkommen?
Lenke: In dörflichen Regionen macht alten Menschen vor allem eine schwächere Infrastruktur zu schaffen. Die Entfernungen zum Einkaufen, zum Arzt oder ins Krankenhaus sind weiter. Wer zusätzlich arm ist, dessen Gesundheitsversorgung ist dann abhängig vom sozialen Netz. Auch der Zugang zu Beratungsangeboten ist oft erschwert. Ebenso die Möglichkeit zur Teilhabe am kulturellen und sozialem Leben.
epd: Welche Angebote kann die Diakonie machen, um diesen Menschen zu helfen?
Lenke: Nachbarschaftshilfen, Fahrgemeinschaften und soziale Kontakt sind oftmals auf dem Land sogar besser organisiert als in der Stadt. Wenn solche Netze funktionieren, ist das schon sehr gut. Kirchengemeinden können hier zusätzlich unterstützen, etwa durch Hilfsbörsen. Schwierig ist es, wenn Armut aus Scham versteckt wird. Das geschieht oft bei älteren Menschen auf dem Land. Hier müsste man "Kümmerer" einsetzen, die sich auskennen und die Bedarfe aufdecken, damit keiner verloren geht. Wichtig ist außerdem eine soziale Beratung, die auch dezentral erreichbar ist. So existiert etwa im Kirchenkreis Bramsche bei Osnabrück im Rahmen des Projektes "Altersarmut auf dem Lande" eine mobile Schuldner- und Sozialberatung für Senioren. Der Schlüssel für alle Angebote ist das Hinschauen und Fragen: "Wie geht?s euch? Wo liegen die Probleme? Was braucht Ihr?"
epd: Was müsste die Politik tun, um die Situation für die alten Menschen zu verbessern?
Lenke: Es ist leider immer noch so, dass geschätzt 40 Prozent der älteren Menschen, die einen Anspruch auf finanzielle Hilfen hätten, diese nicht beantragen. Aus Scham, oft aber auch aus Unwissenheit. Hier braucht es einfachere Zugänge zu Grundsicherungsleistungen. Ein mögliches System wäre, dass der Rententräger eine Prüfpflicht hätte, ob jemand mit seiner Rente unter die Armutsgrenze fällt. Dann sollten die Leistungsbehörden aktiv auf die Menschen zugehen und Unterstützung anbieten. Auch könnten kostenlose Fahrkarten für Bezieher von Grundsicherung ausgegeben werden, um ihre Mobilität zu erhöhen. Voraussetzung wäre allerdings, dass den Menschen ein zuverlässiges Netz im öffentlichen Personennahverkehr zur Verfügung steht.