Startseite Archiv Nachricht vom 03. Juli 2019

„Wir wollen alle was erleben“

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Kirchenkreis Rotenburg: gemeinsamer Kirchentagsbesuch als gelebte Inklusion

„Beim zweiten Mal war alles schon viel ungezwungener. “Werner Burfeind, Kreisjugenddiakon im Kirchenkreis Rotenburg, hat gemeinsam mit dem Kirchentagsbeauftragten Pastor Olaf Feuerhake und Kathrin Frost, Diakonin in den Rotenburger Werken, wieder eine Reisegruppe zum Deutschen Evangelischen Kirchentag organisiert. 45 Menschen mit und ohne Behinderungen aus dem Kirchenkreis Rotenburg machten sich auf den Weg zur Großveranstaltung nach Dortmund. Sie waren gemeinsam in einer barrierefreien Schule untergebracht und hatten sich für die drei Tage jeweils ihr eigenes Programm aus den rund 2.000 Veranstaltungen zusammengestellt.

„Kontakt untereinander entsteht beim Frühstück, beim S-Bahn-Fahren oder beim Besuchen gemeinsamer Programmpunkte“, sagt Burfeind. Die Teilnehmenden können wählen aus einer Vielzahl von Gottesdiensten aller Art, Diskussionen, Bibelarbeiten, Aktionen und kulturellen Veranstaltungen. Um da nicht den Überblick zu verlieren und sich ein sinnvolles und machbares Programm zusammenzustellen, organisierten Burfeind und Frost einige Wochen vor dem Start ein Treffen. „Da waren beim ersten Mal vor dem Kirchentag in Berlin unter behinderten und nichtbehinderten Menschen noch einige Berührungsängste zu spüren“, erinnert sich Burfeind. Dieses Mal kannten sich schon einige der Teilnehmenden.

„Menschen mit einer geistigen Behinderung zeigen ihre Gefühle häufig direkt und unverstellt. Sie kommen glücklich auf denjenigen zu, den sie wiedererkennen. Das lockert die Atmosphäre gleich auf“, sagt der Diakon. In diesem Jahr hatten Teilnehmende aus der Rotenburger Reisegruppe als Einstimmung auf den Kirchentag zudem noch einen Gottesdienst gemeinsam gestaltet. So wird Unterschiedlichkeit ein Stück weit zur Normalität.

Vor dem Abschlussgottesdienst: Menschen aus dem Kirchenkreis Rotenburg – mit und ohne Behinderungen – erleben ihn gemeinsam im Dortmunder Fußballstadion.

In Dortmund selber kamen durch das breitgefächerte Programm alle auf ihre Kosten. Es zog die Jüngeren beispielsweise verstärkt zu Veranstaltungen, die sich um das Thema Nachhaltigkeit drehten. Für Menschen mit geistigen Behinderungen gab es Gottesdienste und andere Angebote in Leichter Sprache. Das ist eine Sprache, die bewusst auf lange Sätze und die Verwendung von Fremdworten verzichtet. Erstaunt waren die Gruppenmitglieder, wie häufig sie sich dann auf Veranstaltungen wieder trafen wie etwa auf den Konzerten der Hanke Brothers oder von Culcha Candela, bei Diskussionen mit Kanzlerin Angela Merkel oder Bundespräsident Frank Walter Steinmeier oder beim Abend der Begegnung.

„Der Kirchentag ist für alle da“, fasst es Diakonin Kathrin Frost von den Rotenburger Werken zusammen. „Wir wollen etwas erleben. Und wir wollen auch eine Gemeinschaft erleben, in der jeder so sein kann, wie er ist.“ Für die Reisegruppe aus dem Kirchenkreis Rotenburg hat das beim zweiten Mal noch besser funktioniert als beim ersten Mal. Und schon jetzt steht fest, dass es beim nächsten Kirchentag wieder zusammen losgeht.

In der Zwischenzeit werden in Rotenburg Berührungsängste weiter abgebaut. „Wenn wir durch die Stadt gehen und ein Teilnehmer mit Behinderung sieht uns, dann ruft er ganz laut unseren Namen und alle freuen sich, dass sie sich wiedersehen.“ Darauf freut sich Werner Burfeind jetzt schon.