Startseite Archiv Nachricht vom 28. Juni 2019

Leyendecker: Evangelische Kirche soll aufhören zu jammern

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Bückeburg. Kirchentagspräsident Hans Leyendecker hat die Vertreter der evangelischen Kirche aufgefordert, nicht mehr so viel zu jammern und zu klagen. Eine solche Kirche sei für niemanden attraktiv, sagte er am Donnerstag in Bückeburg beim 9. Jahresempfang der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Schaumburg-Lippe. "Ich trete doch keinem Verein bei, weil dort so gut gejammert wird und man dort so schön den Abgesang auf die eigene Existenz singen kann, vielleicht noch mehrstimmig." Der Journalist Leyendecker war Präsident des 37. Deutschen Evangelischen Kirchentages in Dortmund, der Mitte Juni rund 118.000 Teilnehmer anzog.

Bei seinen Besuchen in Pfarrkonferenzen treffe er nicht selten auf Pfarrerinnen und Pfarrer, die sich beklagten, berichtete Leyendecker. Dabei gehe es um die viele Arbeit, die Verwaltung und die Tatsache, dass so wenige Menschen in die Gottesdienste kämen. Das alles sei verständlich, aber auch gefährlich: "Dann sitzt man auf einmal da und ist nicht eine Gemeinschaft der Heiligen, sondern eine Gemeinschaft der Jammernden."

Leyendecker (70) empfahl die Pfarrern und den Christen dagegen: "Gehen sie an Ihre Kraftquellen, begrenzen Sie, was Ihnen Kraft raubt, und dann entjammern sie die Kirche!" Die wichtigste Kraftquelle sei das Gottvertrauen, das auch politische Folgen habe: "Wer Gottvertrauen hat, fragt auch nach irdischer Gerechtigkeit und Frieden." Eine kleiner werdende Kirche mit vielen überzeugten Christen könne auch eine Chance sein.

Der Journalist ermutigte die Kirche, zu experimentieren und neue Formen auszuprobieren. Als Beispiele nannte Leyendecker "Wohnzimmer-Gottesdienste" oder soziale Suppenküchen für Bedürftige. "Ich finde es immer besonders überzeugend, wenn Verkündigung und Diakonie vor Ort Hand in Hand gehen." Auch durch gut gemachte Amtshandlungen Taufen, Konfirmationen oder Beerdigungen ließen Menschen für die Kirche gewinnen. "Da muss man sehr präsent sein."

Der Investigativ-Journalist Leyendecker schrieb lange für den "Spiegel" und ist seit 1997 für die "Süddeutsche Zeitung" aktiv. Der ehemalige Katholik trat vor einigen Jahren zur evangelischen Kirche über, weil er sich nach eigener Aussage mit den Strukturen in der katholischen Kirche schwertut. Zum Jahresempfang der schaumburg-lippischen Landeskirche in der Bückeburger Stadtkirche kamen rund 900 Gäste aus Politik, Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft. Besonders waren in diesem Jahr junge Sportlerinnen und Sportler eingeladen.

epd-Landesdienst Niedersachsen-Bremen
Hans Leyendecker. Bild: Guido Schiefer/epd-bild