Kirche ist eine Kommunikationsgemeinschaft
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Hildesheim. Kirche? Das ist nicht nur das alte Gebäude mit dem hohen Turm in der Mitte des Dorfes. Kirche findet vor allem dort statt, wo die Menschen sind. Und das ist zunehmend der digitale Raum mit Internetforen, Messengers und Apps. Eine richtungsweisende Entwicklung, findet Nele Gittermann, die Projektleiterin der Hildesheimer Pop-up-Kirche – gerade vor dem Hintergrund einer aktuellen Studie der Uni Freiburg, der zufolge die evangelische und die katholische Kirche in den nächsten 40 Jahren die Hälfte ihrer Mitglieder verlieren werden. Deshalb hat Gittermann nun Birgit Berg, die Onlinepastorin der Landeskirche, zu sich in die Braunschweiger Straße 85 eingeladen.
Die Landeskirche Hannovers bietet den Gläubigen seit Jahren Online-Kurse und gemeinsame Lesestunden der Bibel im Internet an. Dahinter steht die Hildesheimerin Birgit Berg, die in einem fünfjährigen Projekt Inhalte des Glaubens für das Internet entwickelt. Das Interesse daran sei groß, berichtete sie in der Pop-Up-Kirche. Über das Internet können Menschen von zu Hause aus ateilnehmen. An den jährlich etwa zehn Online-Kursen beteiligen sich jeweils 35 Menschen. Berg: „Wir müssen im Netz präsent sein. Kirche lebt in allen Lebensbereichen.“
Die Palette der Teilnehmenden an den Kursen ist breit. „Das sind nicht nur Kirchenmitglieder. Auch Menschen, die sich taufen lassen oder nach einem Austritt wieder zurückkehren wollen, finden sich dort.“ Auch Menschen, die im Ausland leben, finden über das Internet Kontakt zu ihrer heimatlichen Kirche. Berg: „Wir haben Teilnehmende aus Spanien und Indien.“ Auch Menschen, die nicht mehr in ihre Gemeinde gelangen können, etwa weil sie aufgrund von Krankheiten mobilitätseingeschränkt sind oder nicht mehr an Veranstaltungen mit vielen Menschen teilnehmen können, finden über Birgit Berg den Zugang zu kirchlichen Angeboten.
Für Pastorin Birgit Berg ist wichtig, dass sie als Mensch für die Suchenden im Internet ansprechbar ist. EAuf der Internetseite online-kurs-zum-glauben.wir-e.de können die Menschen Birgit Berg erreichen, Fragen stellen, Antworten erhalten. Berg: „Kirche ist eine Kommunikationsgemeinschaft. Wir haben auch im Internet Sinnangebote.“ Vor allem sind sämtliche Angebote kostenlos und niedrigschwellig angelegt. Und alle Teilnehmenden können ihre Ansichten und Meinungen öffentlich vortragen. Birgit Berg: „Das ist das Priestertum aller Gläubigen, von dem Luther sprach.“
Das Internet soll freilich nicht an die Stelle der Gemeinde vor Ort treten. „Das Internet kann die Gemeinde nicht ersetzen“, findet Birgit Berg. Doch für viele ist das gemeinsame Gebet im Online-Kursus oder das Lesen von Bibelstellen wie ein Treffen mit anderen Gemeindemitgliedern im Gemeindehaus.
Birgit Berg sieht auch die kritischen Seiten des Internets. „Wir erreichen so nur die Menschen, die sich diese modernen Kommunikationswege auch leisten können.“ Auch bilden sich schnell Blasen, in denen immer wieder Menschen mit gleichen Ansichten und Wertvorstellungen unterwegs sind. Das will Birgit Berg durchbrechen: „Wir müssen raus auf die Marktplätze des Internets und uns dort zeigen.“ Und dabei trifft sie immer mehr auf Probleme, die Internetmedien den Menschen bereiten. Die Aufmerksamkeitsspanne der Menschen sinkt. Immer mehr Anbieter liefern immer mehr Inhalte. „Wir müssen darauf achten, die Menschen nicht zu überfordern. Wir als Kirche müssen auch bei der Bewältigung der Informationsflut bei den Menschen sein.“
Andreas Mayen/Kultur & Kommunikation, Hildesheim