Auftakt der Passionsandachten in Emden
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Emden. Unter dem Motto „Wenn alles bricht – mit Umbrüchen leben“ finden die diesjährigen Passionsandachten im Rummel des Ostfriesischen Landesmuseums in Emden statt. Landessuperintendent Dr. Detlef Klahr sprach in der ersten Andacht am Aschermittwoch über das Thema „Gewalt erleiden“.
Im Mittelpunkt stand dabei ein Bibelwort aus der Geschichte von Jesu Gefangennahme „Wer das Schwert nimmt, wird durch das Schwert umkommen“ (Mt 26,52) und die Betrachtung eines Gemäldes des Künstlers Otto Dix über Leid und Gewalt im Ersten Weltkrieg.
„Wenn es in der Passionszeit darum geht, das Leiden eines Menschen zu bedenken, dann deshalb, weil Jesu Leiden das Leiden der gesamten Menschheit abbildet“, sagte der Regionalbischof für den Evangelisch-lutherischen Sprengel Ostfriesland-Ems. „Noch 100 Jahre nach dem Ende des Ersten Weltkrieges stehen wir ratlos da, dass Menschen flächendeckend in Europa sich so viel Leid zugefügt haben. In der Darstellung des unsagbaren Leids des Krieges und seinen Folgen nimmt Otto Dix Anleihen bei der Leidensgeschichte Jesu. Indem Dix für sein Gemälde die Form eines Altaraufsatzes wählt, versucht er das dargestellte Leiden der Soldaten mit dem gekreuzigten Christus in Verbindung zu bringen“, so Klahr.
„Jesu Pazifismus, seine Hingabe, sein Verzicht auf Macht und Herrlichkeit bleiben für Christen maßgebend“, betonte der Regionalbischof und erinnerte an die diesjährige Jahreslosung aus Psalm 34,15: „Suche Frieden und jage ihm nach!“
Die Kunsthistorikerin Sarah Byl aus Emden stellte den 120 Besuchern der Passionsandacht die Entstehungsgeschichte des Triptychons „Der Krieg“ von Otto Dix vor und interpretierte das Kunstwerk. Zehn Jahre habe der Künstler gebraucht, bis er sich darüber im Klaren war, wie er das unaussprechliche Leid darstellen könne und damit zugleich beim Betrachter die gewünschte Wirkung der Entrüstung erzielen könne. Als Dreiundzwanzigjähriger sich freiwillig zum Kriegsdienst gemeldet, hat er selbst Kriegserfahrungen an der Front gesammelt. „Das Triptychon, das Otto Dix 1928, zehn Jahre nach Kriegsende begann, ist eines der herausragenden Werke dieses deutschen Künstlers, das uns ganz unzensiert und direkt vor Augen führt, was Krieg immer hinterlässt – Zerstörung und Leid“, sagte die Kunsthistorikerin.
Dix habe in den 20er Jahren einen Stilwandel vollzogen von futuristischen Zeichnungen und expressiven Radierungen hin zum neuartigen Realismus mit sozialkritischer Kraft und provokanten, grotesk übersteigerten Darstellungen, heute bekannt als Strömung der Neuen Sachlichkeit. Ein Jahr nach Fertigstellung des Bildes verlor Dix 1933 seine Professur an der Kunstakademie in Dresden. Das etwa zwei Meter hohe und vier Meter breite Werk konnte die Zeit des Zweiten Weltkrieges unbeschadet bei Freunden auf dem Land überstehen und befindet sich heute in der Galerie Neue Meister in Dresden.
Sarah Byl machte die Zuhörer darauf aufmerksam, dass Dix in seinem Werk nicht anklagen wolle, sondern das unermessliche Leid aufzeige, das geschehen sei. Das Triptychon als Form des Altarbildes zeige immer eine Folterstätte, Nährboden der Gewalt und Ort des Martyriums. Selbst Christus sei hier zerschossen wie die abgebildeten Soldaten. Geprägt sei Dix in seinem Malstil von altdeutschen Malern wie Grünewald und Cranach.
Dr. Annette Kanzenbach, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Ostfriesischen Landesmuseum Emden, brachte für die Mitarbeiter des Landesmuseums die Freude darüber zum Ausdruck, dass nun mittlerweile im elften Jahr die Passionsandachten in Kooperation mit dem Sprengel Ostfriesland-Ems und den lutherischen Gemeinden Emdens stattfinden. Mit Hilfe der Kollekte konnten bereits acht von zehn Bildern aus dem Passionszyklus von Hans II van Coninxloo restauriert werden. „Wir alle hier im Haus freuen uns, dass wir die Passionsandachten hier haben und in diesem Jahr hochkarätige international bekannte Kunstwerke der Künstler Otto Dix, Pablo Picasso, Marc Chagall, Max Beckmann, Käthe Kollwitz und des zeitgenössischen Künstlers Uwe Appold betrachten und darüber ins Gespräch kommen“, sagte Dr. Kanzenbach.
Zum ersten Mal war der neue Kantor der Martin-Luther-Kirchengemeinde, Marc Waskowiak, für die musikalische Gestaltung der Passionsandachten verantwortlich und stellte sich mit seinen Improvisationen am E-Piano und den überwiegend modernen Liedern gekonnt auf die Thematik des Abends ein.
Öffentlichkeitsarbeit im Sprengel Ostfriesland-Ems