Zweite Saisonhälfte im Literaturhaus St. Jakobi bietet poetische bis politische Abende
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Hildesheim. Am 9. März beginnt die zweite Spielzeithälfte im Literaturhaus St. Jakobi Hildesheim. Mit bekannten Namen wie Ulrich Noethen oder Abbas Khider, mit Newcomern wie Helene Bukowski und mit bewährten Formaten wie dem regelmäßigen Stimmlabor. Das klingt vertraut, doch für Intendant Dirk Brall beginnt eine Phase des Wandels. Denn am 30. April feiert das Literaturhaus seinen fünften Geburtstag, und Brall sucht nach dem Konzept für eine längerfristige Zukunft, finanziell wie inhaltlich: „Was kann bleiben, was soll sich weiterentwickeln?“
Näheres will er noch nicht dazu sagen, „da bin ich ganz am Anfang“. Zu dem, was bleibt, wird jedenfalls das Bühnenbild gehören. Weil es sich in jeder Saison verändert. Für diese Spielzeit haben die Jakobi-Gestalter Benjamin Gross und David Schnitter eine Wegkapelle in die Pilgerkirche gebaut – ein Zeichen für das Motto „Land“, Nummer zwei in der Trilogie Stadt-Land-Fluss.
Dass diese Veränderungen auch Probleme mit sich bringen können, erlebte das Publikum im September bei der Veranstaltung mit Navid Kermani. Auf einigen Plätzen konnten die Besucher den Autor schlecht verstehen. „Ein Akustikloch“, erklärt Dirk Brall. Die Sitzreihen waren für das neue Bühnenbild umgestellt worden, und erst im Verlauf des Abends wurde klar, dass die Stuhlreihen neu justiert werden mussten.
Das Problem wurde schnell behoben. Brall ist zufrieden mit der ersten Saisonhälfte, neben Kermani hatten auch Annette Pehnt und Ministerpräsident Stephan Weil ein gut gefülltes Haus. Rechnet man die 1000 Besucher hinzu, die allein zum „Jahrmarkt“ hereinströmten – einem Jakobi-Angebot zum Light Night Shopping – kamen von September bis Dezember rund 3500 Menschen ins Literaturhaus.
Volle Reihen erwartet Dirk Brall auch zur ersten Veranstaltung der Frühjahrssaison: Der Schauspieler Ulrich Noethen liest am 9. März Passagen aus Johann Hinrich Claussens „Buch der Flucht“. Das ist eine Neuerzählung biblischer Geschichten, die deutlich macht, wie sehr das Buch der Bücher von Geflüchteten und Heimatlosen geprägt ist. Auch der Autor selbst wird anwesend sein und im Gespräch mit Julia Koll von der Akademie Loccum über Motive und Hintergründe seines Schreibens Auskunft geben.
„Hitler, Scheiße, Lufthansa“: Das waren die ersten drei deutschen Wörter, die Abbas Khider kennen lerne, als er vor 20 Jahren aus dem Irak hierher floh. Inzwischen ist er ein vielfach ausgezeichneter deutscher Autor. In Hildesheim stellt er am 14. März sein Buch „Deutsch für alle“ vor. NDR Kultur zeichnet den Abend auf und präsentiert den Band vorher in der Sendung „Am Morgen vorgelesen“.
Das Klavierquartett Flex Ensemble lässt am 29. März Musik sprechen und interpretiert Arvo Pärts „Stabat Mater“. Eine experimentelle Video-Lesung der Lyrikerin und Performerin Nora Gomringer kontrastiert die Klänge.
Politisch geht es am 4. April mit Kathrin Röggla und ihrem Buch „Nachtsendung“ weiter – eine Analyse, die alle Facetten des gesellschaftlichen Zusammenlebens betrifft. Am 30. April folgt die Geburtstagsfeier des Literaturhauses – Details will Dirk Brall jetzt noch nicht preisgeben.
Im Mai kommt Esther Kinsky zur Hildesheimer Poetikvorlesung, ein Woche später befasst sich das studentische artemis kollektiv sich mit feministischen Fragen zum Literaturbetrieb. Die ebenfalls studentische „Landpartie“ ist im Juni zu Gast, außerdem steht ein literarisches Picknick mit dem Verleger Andreas Rötzer auf dem Programm. In Rötzers Edition Naturkunden erscheinen zahlreiche Tier- und Naturbücher, die bestens in einen aktuellen Trend der Literaturszene passen. „Ich glaube, das ist auch eine Gegenbewegung zur digitalen Welt“, sagt Brall. Als letzter Gast der Spielzeit liest am 8. Juli die Hildesheimer Studentin Helene Bukowski aus ihrem Debütroman „Milchzähne“. Gefördert wird das Programm von der Landeskirche Hannovers und der Hanns-Lilje-Stiftung.
Öffentlichkeitsarbeit im Kirchenkreises Hildesheim-Sarstedt