Kita-Alltag zwischen gesellschaftlichem Wandel und Politik
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Hildesheim. Die Leiterinnen und Mitarbeiterinnen in den Kindertagesstätten sind mit zahlreichen Herausforderungen konfrontiert, müssen gesellschaftliche Veränderungen auffangen, den Ansprüchen unterschiedlichster Familien begegnen, auf politische Forderungen reagieren und all das oft mit zu wenig Personal bewältigen.
Anlässlich seiner Visitation des Kirchenkreises Hildesheim-Sarstedt ist Landessuperintendent Eckhard Gorka mit den Leiterinnen der Kindertagesstätten in Trägerschaft des Kirchenkreises zusammengetroffen, um mehr über den Alltag in Kindergärten und Krippen zu erfahren. Denn der gebe auch Einblick, „was für eine Gesellschaft auf uns zu kommt“, meinte der Landessuperintendent.
Die Kita-Leiterinnen, die zum Teil schon seit Jahrzehnten in Kindergärten arbeiten, beobachten Veränderungen im Zusammenleben der Familien. „Die Familien stehen sehr unter Druck“, weiß Carmen Niebecker, Pädagogische Leitung der 20 Kindertagesstätten im Kirchenkreis. „Selbst kranke Kinder werden in den Kindergarten gebracht.“ Denn oft seien beide Eltern berufstätig und trauten sich nicht, allzu oft wegen des kranken Kindes zu Hause zu bleiben. Doch dieses Problem dürfe nicht auf die Erzieherinnen abgewälzt werden.
Oft müssen die Pädagoginnen in den Kitas Basisarbeit leisten, müssen den Kindern Regeln und Strukturen für das Zusammenleben beibringen, die zu Hause nicht erlernt werden. Und sehen sich auf der anderen Seite mit Eltern konfrontiert, die schon im Kindergarten eine breit gefächerte Förderung für ihre Kinder erwarten.
Ein großes Problem sehen die Erzieherinnen im Medienkonsum. Da gebe es im Kinderzimmer schon im Krippenalter einen eigenen Fernseher, aber kein einziges Bilderbuch. Anstatt zusammen mit dem Nachwuchs mit offenen Augen die Umwelt wahrzunehmen, schauten Mütter beim Spaziergang mit dem Buggy auf ihr Display.
Die stetige Ausweitung der Betreuungszeiten und des Rechtsanspruchs auf einen Betreuungsplatz hat bei den Kindertagesstätten außerdem zu Personalnot geführt. „Wir haben zurzeit sechs freie Stellen und bekommen nicht einmal Bewerbungen“, erläutert Carmen Niebecker. Werde der Kindergartenbesuch beitragsfrei, steige der Bedarf sicher noch. Bei der Vergabe der Plätze sehen sich die Leiterinnen zudem mit einer Unsicherheit konfrontiert: Wird ein Kind erst nach dem 30. September sechs Jahre alt, können die Eltern es noch ein Jahr länger im Kindergarten lassen – und der Platz wird nicht frei.
Die Aufgabe der Sprachförderung für Vorschulkinder von den Schulen auf die Kindergärten zu übertragen, wie von der Landesregierung geplant, lasse sich nicht bewältigen, betonen die Fachfrauen: „Wir haben kein Personal dafür“, sagt Niebecker. Der Personalschlüssel für Kitas sei ohnehin nicht mehr zeitgemäß. Diese Entwicklung zeige, dass es den Erzieherinnen an einer starken Lobby fehle, meint Cornelia Anolke, Leiterin der St.-Thomas-Kindertagesstätte in Drispenstedt. „Die Elementarerziehung wird nicht wertgeschätzt“, ist auch der Eindruck von Claudia Zündel-Poppenhäger aus Diekholzen.
Trotz aller Herausforderungen erleben die Leiterinnen ihren Beruf aber positiv: „Wir haben einen tollen Job zu machen“, findet Zündel-Poppenhäger. „Und wir machen es immer noch gern“, unterstreicht auch Carmen Niebecker.
Eckhard Gorka machte den Pädagoginnen Mut: „Wir dürfen nicht in Kulturpessimismus verfallen“, sagte er. „Wir müssen uns den Herausforderungen stellen, aber auch mal sagen, da machen wir nicht mit.“
Der Landessuperintendent visitiert zurzeit den Kirchenkreis Hildesheim-Sarstedt, trifft eine Woche lang mit zahlreichen Gruppen in den Gemeinden zusammen und besucht viele Einrichtungen. Trotz des vollen Terminkalenders, so Gorka „ein Vergnügen. Ich sehe sehr viel Gelingendes, sehr gut arbeitende Gremien und engagierte Ehrenamtliche.“
Öffentlichkeitsarbeit im Kirchenkreisverband Hildesheim