Gegenüber der Politik und Vermittler in der Gesellschaft
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Hildesheim. Hildesheim bekommt einen Rat der Religionen. Gründungsmitglieder sind die Jüdische Gemeinde Hildesheim, das Katholische Stadtdekanat Hildesheim, der Evangelisch-lutherische Kirchenkreis Hildesheim-Sarstedt, die Türkisch-Islamische Gemeinde zu Hildesheim sowie die BaháʹÍ-Gemeinde und Abrahams Runder Tisch. Sie alle haben bereits einen Vertreter oder eine Vertreterin mit einem Mandat beauftragt. Die Satzung des Rates der Religionen tritt am 1. Dezember in Kraft. Die konstituierende Sitzung findet im Januar statt.
Anstoß für die Gründung habe der Anschlag auf die Redaktion der Satirezeitschrift Charlie Hebdo im Januar 2015 gegeben, erklärt Stadtdechant Wolfgang Voges, kommissarischer Sprecher des Rates der Religionen. Ihm und dem damaligen Superintendenten Helmut Aßmann sei klar gewesen, dass solche Ereignisse nach einer gemeinsamen Reaktion der Religionsgemeinschaften verlangten. „Wir wollten betonen, dass wir auch an der Seite der Muslime stehen“, so Wolfgang Voges.
Doch wer wäre berechtigt, beispielsweise zu einem Gottesdienst oder einem gemeinsamen Gebet im Namen der Gemeinden aufzurufen? Abrahams Runder Tisch führt zwar schon seit 20 Jahren das interreligiöse Gespräch, doch wirken dort Einzelpersonen ohne Auftrag ihrer Religionsgemeinschaften. Sie können jeweils nur für sich persönlich sprechen.
Der Rat der Religionen dagegen soll auch für die Politik ein Gegenüber sein, soll im Namen der Glaubensgemeinschaften Stellungnahmen abgeben und Veranstaltungen anberaumen können. Vorbild war der Rat der Religionen in Hannover. Auch Oberbürgermeister Ingo Meyer habe großes Interesse gezeigt. So fand ein erstes Gespräch der Religionsvertreter im Rathaus statt, für die Glaubensgemeinschaften also auf neutralem Gebiet.
Abrahams Runder Tisch setzt seine inhaltliche Arbeit fort. „Wir haben bei der Zusammenarbeit mit Abrahams Rundem Tisch so viele Gemeinsamkeiten entdeckt, dass wir das Trennende vernachlässigen können“, sagt Emin Tuncay, der im Rat der Religionen die Türkisch-Islamische Gemeinde vertritt, gleichzeitig einer der Sprecher von Abrahams Rundem Tisch ist. „Wir wollen zeigen, dass die Zusammenarbeit der Religionen möglich ist.“ In den 20 Jahren sei zwischen den Teilnehmenden „Geschwisterlichkeit“ entstanden. Es gehe aber keineswegs darum, Unterschiede zu verwischen, betont Wolf-Georg von Eickstedt, Vertreter der Jüdischen Gemeinde: „Jeder lebt seine Religion.“
Die Gründungsmitglieder wollten den Rat der Religionen erst einmal auf den Weg bringen, betonen die Vertreterinnen und Vertreter. Der Rat sei selbstverständlich offen für weitere Glaubensgemeinschaften auch nicht abrahamitischen Ursprungs. Voraussetzung für die Aufnahme sei die Anerkennung des Grundgesetzes, der gegenseitige Respekt, Toleranz und ernsthaftes Interesse und Bemühen um den Dialog, erklärt Wolfgang Voges. In der Satzung heißt es: „Der Hildesheimer Rat der Religionen arbeitet auf der Grundlage der gegenseitigen Anerkennung, Begegnung und Solidarität der beteiligten Religionsgemeinschaften.“
Nicht jedes Mitglied einer Glaubensgemeinschaft sei in gleichem Maße an einem Miteinander interessiert, weiß Christiane Schubert, Vertreterin von Abrahams Rundem Tisch. Es sei daher auch Aufgabe der Ratsmitglieder, in ihre Religionsgemeinschaften zurück zu wirken.
In der aktuellen politischen Situation, in der Menschen sich aus Frustration gegen die etablierten Parteien wenden und gesellschaftliche Gruppen sich immer weiter voneinander entfernen, komme den religiösen Gemeinschaften eine Vermittlerrolle zu, sagt Stadtdechant Voges: „Wir haben schließlich jeweils beide Seiten in unseren Gemeinden.“
epd-Landesdienst Niedersachsen-Bremen