Kein Studienfach wie alle anderen - Die Berufschancen von Theologiestudenten sind weiter gut
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Die weitreichenden Hochschulreformen der vergangenen Jahre haben auch vor der Theologie nicht haltgemacht. Dennoch läuft das Studium angehender Pfarrer und Religionslehrer in mancherlei Hinsicht noch immer nach eigenen Regeln.
Mainz (epd). Julia von Schenck, Dozentin für Altgriechisch an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Mainz, würde ihren Studenten gleich am Anfang gern die Ängste nehmen. «Man hört immer wieder Klagen über die Sprachen», sagt sie. Aber die Abschlüsse ihrer Kursteilnehmer seien «überaus gut» und es gebe eigentlich niemanden, der wegen der Altgriechisch-Prüfung seinen Berufswunsch als Theologe nicht erfüllen könne.
An einem Fundament der deutschen Theologen-Ausbildung haben alle sogenannten Bologna-Reformen nichts geändert: Nach wie vor muss jeder angehende Religionslehrer umfangreiche Kenntnisse in Latein und Altgriechisch nachweisen, künftige Pfarrer haben außerdem auch Hebräisch zu pauken. Bis zu drei Semester zusätzlich zur Regelstudienzeit sind für den Spracherwerb vorgesehen. Kritiker halten die hohen Anforderungen für eine Hürde, die viele theologisch Interessierte vom Studium abschreckt.
«Mir leuchtet ein, dass nicht jeder Pfarrer seine Sonntagspredigt mit dem hebräischen Originaltext vorbereitet», räumt auch der Mainzer Fakultäts-Dekan Sebastian Grätz ein. Aber eine Universität könne nicht auf ihren wissenschaftlichen Anspruch verzichten, ohne Latein sei beispielsweise eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Kirchengeschichte schwer vorstellbar.
Deutschlandweit wird das Studienfach Theologie an 21 Hochschulen angeboten, dort waren zum Jahresbeginn insgesamt 2.417 Theologiestudenten mit Berufsziel Pfarrer eingeschrieben. Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) registrierte zuletzt sogar wieder einen leichten Anstieg der Zahlen. Allerdings führen Pensionierungswellen in mehreren Landeskirchen absehbar zu einem Pfarrermangel. Für den Herbst sei eine gemeinsame Werbe-Kampagne aller Landeskirchen für das Theologiestudium geplant, heißt es im EKD-Kirchenamt in Hannover.
Auch in Mainz machen sich die Verantwortlichen Gedanken über die Zukunft. Nach Angaben der Fakultät ist die Zahl der Lehramtsstudierenden seit Jahren stabil, bei der Pfarramtskandidaten sei hingegen ein «leichter Sinkflug» zu verzeichnen. Grund genug für die Theologen in der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt, auf die Vorzüge ihres Faches hinzuweisen.
Im Gegensatz zu anderen Geisteswissenschaften hätten eigentlich alle Theologen eine attraktive berufliche Perspektive. Ein klarer Vorteil sei das gegenüber Philosophen, Kunsthistorikern oder Ägyptologen, bei denen außerhalb von Hochschulen und Museen nur eine völlig fachferne Laufbahn infrage komme, argumentiert Dekan Grätz. Viele Schritte der vergangenen Hochschulreformen sind die Theologen mitgegangen. Zwar gibt es nach wie vor keinen Bachelor der Theologie, aber wie bei anderen Studiengängen auch wurde der gesamte Studienablauf spürbar verschult, statt frei wissenschaftlichen Interessen zu folgen, sammeln die Studenten Leistungspunkte.
Wolfgang Zwickel, Professor für Biblische Archäologie in Mainz, macht keinen Hehl daraus, was ihm an dem Reformprozess missfällt: «Wir backen im Endeffekt lauter Studenten, die alle gleich aussehen. Ich selbst wäre heute nicht auf meiner Position, wenn ich mir damals nicht mein Studium frei zusammengestellt hätte.»
Dennoch unterscheiden sich die Studienbedingungen in der Theologie nach wie vor spürbar von denen der beliebten Massenfächer. Dozenten sind für ihre Studenten ansprechbar, kennen oft deren Namen, und auf Email-Anfragen schicken sie echte Rückmeldungen anstelle automatisierter Standard-Antworten. «Es geht hier schon recht familiär zu», sagt Studentin Victoria Riedl, die aus Kaiserslautern an die Mainzer Universität kam.
Nach wie vor treffen an der Fakultät auch Menschen mit ganz unterschiedlichem Frömmigkeitsgrad aufeinander. Die an den Hochschulen übliche kritische Bibelauslegung sorge bei manchen der derzeit 600 Studierenden für Stirnrunzeln, berichtet Dekan Grätz. Auch Viktoria Riedel erinnert sich noch an eine Unterhaltung aus der Anfangszeit ihres Studiums: «Ich fand es damals nicht wichtig, ob Moses das Meer wirklich geteilt hat», berichtet sie, «Ein Kommilitone hat danach eine Woche lang nicht mit mir geredet.»
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