Startseite Archiv Nachricht vom 14. Juli 2016

Lutherische Kirche in der Ukraine in der Krise

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München (epd). Die ukrainische lutherische Kirche, Partnerkirche der bayerischen Protestanten, steht vor einer Zerreißprobe. Die Deutsche Evangelisch-Lutherische Kirche in der Ukraine sei «völlig gespalten», mehr als die Hälfte der rund 30 Gemeinden habe die Kirche verlassen, sagte Oberkirchenrat Michael Martin, zuständig für die Auslandsbeziehungen der bayerischen Landeskirche, am Dienstag dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die Konflikte seien vor allem auf Bischof Serge Maschewski zurückzuführen, der «alles selbst im Griff haben will, sich mit abweichenden Meinungen schwer tut und überall Gegner und Widersacher sieht», sagte Martin.

   Maschewski, der 2013 in das kirchliche Führungsamt gewählt wurde, wurde zu Sowjetzeiten in Kasachstan geboren. Vorher waren die Bischöfe der ukrainischen Lutheraner Pfarrer aus Bayern. Nach einer Zeit des Aufbruchs sei die Kirche angesichts der «Ernüchterung des Alltags» in alte, aus der Zeit des Kommunismus bekannte Muster der Gleichschaltung zurückgefallen, sagte Martin. Außerdem habe sich für die ukrainischen Lutheraner sehr negativ ausgewirkt, dass die erfahrenen Kirchenmitglieder, die häufig die Gemeinden getragen haben, nach Deutschland ausgewandert seien.

   Da die bayerische Landeskirche keine transparenten Abrechnungen über ihrer Zuschüsse bekomme und sich Bischof Maschewski Gesprächen verweigere, sei die Partnerschaft ausgesetzt worden, sagte Martin.

Allerdings habe die Landeskirche immer noch das Ziel, die Partnerschaft wieder aufzunehmen und die ukrainische Kirche, die auf deutsche Aussiedler zurückgeht, auf dem Weg in die Selbstständigkeit nach Kräften zu unterstützen. Voraussetzung dafür sei jedoch, dass Bischof Maschewski doch zu Gesprächen und zur Versöhnung bereit sei, erläuterte der Oberkirchenrat. Außerdem sei eine transparente Abrechnung der Zuschüsse für die Wiederaufnahme der Partnerschaft nötig.

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Schweigen zwischen der lutherischen Kirche in Bayern und der Ukraine?, Bild: epd-bild.de

Infokasten

München/Odessa (epd). Die Deutsche Evangelisch-Lutherische Kirche in der Ukraine (DELKU) wurde Mitte des 18. Jahrhunderts von deutschen Aussiedlern gegründet, die von Zarin Katharina II. ins Land gerufen worden waren. Der erste evangelische Gottesdienst fand bereits 1801 in Odessa statt, die Gemeinde dort umfasste zeitweise über 10.000 Mitglieder.

   In der Sowjetzeit kam das kirchliche Leben jedoch zum Erliegen, die Gemeinden wurden verboten, die Kirchen geschlossen oder umgewidmet. Erst nach der politischen Wende konnte wieder eine evangelische Kirche, auch mit Hilfe der bayerischen Partnerkirche, begründet werden.

   Zur DELKU gehörten ursprünglich 30 Gemeinden, die weit verstreut im Land liegen. Inzwischen hat rund die Hälfte der Gemeinden die Kirche verlassen oder wurde von Bischof Serge Maschewski hinausgedrängt. Maschewski ist der erste in Russland geborene Bischof, vorher wurde dieses Führungsamt von Pfarrern aus Bayern bekleidet. Das geistliche und organisatorische Zentrum der ukrainischen Lutheraner ist die Paulskirche in Odessa.