Auf den Spuren der Mönche und Nonnen - Ehepaar führt Pilger über den Harzer Klosterwanderweg
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Seit Hape Kerkeling boomt das Pilgern. Auch durch den Harz führt seit einigen Jahren ein 67 Kilometer langer Pilgerweg. Er verbindet insgesamt sieben historische Klöster, in denen früher noch Nonnen und Mönche lebten.
Goslar/Blankenburg (epd). Auf den mehr als 800 Jahre alten Steinen ist nur das leichte Aufschlagen der hölzernen Pilgerstäbe zu hören. Claudia und Axel Lundbeck treten von der heißen Mittagssonne in den kühlen Kreuzgang des Klosters Michaelstein bei Blankenburg. "Plötzlich umfließt einen nur noch Ruhe", schwärmt die 65-Jährige. "Hier gibt es nichts, was einen ablenken könnte." Regelmäßig ist das pensionierte Pastoren-Ehepaar auf dem Klosterwanderweg im Harz unterwegs und bietet geführte Pilgertouren an. Auf einer Strecke von 67 Kilometern sind zwischen Goslar und Thale insgesamt sieben historische Klöster miteinander verbunden.
Entwickelt wurde der Weg zwischen Niedersachsen und Sachsen-Anhalt erst vor wenigen Jahren, sagt Lundbeck. Die sieben Stationen wie das Kloster Wöltingerode bei Goslar oder das Kloster Wendhusen bei Blankenburg hatten zu unterschiedlichen Zeiten ihre Blüte. Während des Mittelalters lebten dort Mönche und Nonnen verschiedener Ordensgemeinschaften, darunter Zisterzienser, Benediktiner oder Augustiner. Auch heute werden die Klöster ganz unterschiedlich genutzt. Das Kloster Michaelstein bei Blankenburg beherbergt eine Musikakademie, im Kloster Wöltingerode gibt es neben einer Kornbrennerei auch ein Hotel.
Wenn die Lundbecks auf Pilgertour gehen, haben sie den Pilgerstab in der Hand und immer auch ihre Pilgerhüte mit dem kreuzförmigen Symbol des Klosterwanderwegs auf dem Kopf. Denn eine übliche Wanderung sei dies nicht, betonen beide. Bis zu 18 Frauen und Männer aus dem ganzen Bundesgebiet oder sogar aus den Niederlanden nehmen sie auf die dreitägige Tour mit. Jeder Tag beginnt meist mit einem Reisesegen. Unterwegs wechseln sich Schweigephasen, Meditationen und Gesänge mit Gesprächen ab. "Im Gehen erzählen die Menschen auch schon mal ihre ganze Lebensgeschichte", sagt Axel Lundbeck.
Spätestens seit dem Buch des Komikers und Schauspielers Hape Kerkeling boome das Pilgern, ergänzt Claudia Lundbeck. Viele der Teilnehmer seien im Alltag wenig mit der Kirche verbunden. Manche seien durch Krisensituationen wie eine Ehescheidung auf der Suche nach neuer Orientierung. "Pilgern ist auch ein Weg, um aus dem alltäglichen Hamsterrad einmal auszusteigen. Bei vielen gibt es eine diffuse Sehnsucht, dass es noch mehr im Leben gibt."
In den Klöstern könne sich jeder auf die jahrhundertealten Spuren der Mönche und Nonnen und das Leben in klösterlicher Gemeinschaft begeben, sagt Axel Lundbeck, während er sich seinen braunen Filzhut aus dem Gesicht schiebt. Oft gebe es unter den Teilnehmern Vorurteile über das Leben in den Ordensgemeinschaften. So werde häufig angenommen, dass die Mönche durch zu viel Arbeit ausgebeutet wurden.
Auf dem Weg begegnen die Wanderer aber auch der neueren Geschichte. Denn alle Pilger überqueren mit der "Brücke der Einheit" zwischen Abbenrode und Lochtum die ehemals innerdeutsche Grenze. Symbolisch stehe dieser Tag auch für persönliche Grenzerfahrungen, sagt Claudia Lundbeck.
Aus Sicht von Angelika Lucht von der Tourist-Info Ilsenburg ist der Weg von der ehemaligen Klosterkirche Neuwerk bei Goslar bis zum Kloster Wendhusen bei Thale empfehlenswert für jeden, "der ein bisschen Ruhe sucht". Die Strecke am Harzrand entlang biete landschaftlich viel Abwechslung. Mittlerweile gibt es eigene Wanderkarte und auch GPS-Daten. Demnächst können die Pilger ähnlich wie auf dem Jakobsweg mit einem "Pilgerpass" an den verschiedenen Stationen Stempel sammeln.
Derzeit wird der Wanderweg um eine weitere Neuheit ergänzt. Insgesamt 15 sogenannte Engelsbänke aus Holz werden an markanten Orten aufgestellt. Die Rückenlehne hat die Form von Engelsflügeln. "Wer darauf Platz nimmt, fühlt sich umarmt oder bekommt plötzlich Flügel", sagt Claudia Lundbeck augenzwinkernd. In der Rückenlehne finden die Wanderer zudem Sinnsprüche. Wer sein Smartphone zückt, kommt über einem QR-Code zu einer Website, die die geschichtlichen Hintergründe des Ortes erklärt.
Die Einfachheit dieser Tage habe für manche auch einen Hauch von Abenteuer, sagt Lundbeck. Vor jeder Pilgertour verschickt das Ehepaar eine Mail mit dem, was die Pilger wirklich benötigen: Wasser, eine Kopfbedeckung, einen Stock, gutes Schuhwerk und Regenkleidung. "Die Frage, was brauche ich wirklich im Leben, ist schon ein Teil des Weges."
Charlotte Morgenthal, epd Landesdienst Niedersachsen-Bremen