Startseite Archiv Nachricht vom 18. Mai 2016

Expertin warnt vor Vorverurteilung des Islam

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Hildesheim (epd). Die Berliner Islamwissenschaftlerin Gudrun Krämer hat vor einer wachsenden Vorverurteilung des Islam gewarnt. Die Integration muslimischer Zuwanderer könne nur gelingen, wenn sie nicht ständig wegen ihrer Religion angegriffen würden, sagte Krämer am Mittwoch am Rande eines Jahresempfangs in der Hildesheimer St. Michaeliskirche dem Evangelischen Pressedienst (epd). Zu der Veranstaltung des evangelisch-lutherischen Sprengels Hildesheim-Göttingen waren 500 geladene Gästen aus Kirche, Politik und Gesellschaft gekommen.

Muslimen dürfe nicht von vornherein abgesprochen werden, sich in Deutschland heimisch zu fühlen und einen Beitrag zur Gesellschaft zu leisten, sagte Krämer. "Religion ist anpassbar, und das gilt auch für den Islam."

Muslime lebten heute zwischen dem ägyptischen Kairo, dem indonesischen Jakarta, der US-Metropole New York und dem deutschen Berlin unter sehr unterschiedlichen Rahmenbedingungen, betonte die Wissenschaftlerin. "Selbstverständlich muss man Muslimen wie allen anderen Zuwanderern und Bürgern abverlangen, dass sie sich in die rechtsstaatlich verfasste Ordnung einfügen." Im Zweifelsfall müssten sie von Ideen und Verhaltensweisen ihres Ursprungsmilieus Abstand nehmen, die nicht zwingend islamisch begründet seien.

Eine rechtsstaatliche Ordnung anzuerkennen, sei für Muslime in der Regel kein Problem, sagte Krämer. Wissenschaftliche Umfragen zeigten, dass sie in einer Reihe nicht-islamischer Staaten ihre Religion freier ausüben könnten als in vielen islamischen Ländern, und dies werde von Muslimen auch geschätzt. Auch in Deutschland seien die Bedingungen für eine islamische Religionsausübung recht gut.

Im Blick auf die islamkritischen Äußerungen der AfD warnte Krämer davor, sich zu sehr darauf zu fixieren. "Ein Teil der Gegenstrategie ist, nicht auf den Teppich zu treten, den diese Partei ausrollt." Gleichzeitig müssten andere, höchst problematische Positionen der AfD kritischer untersucht werden, etwa in der Umwelt- oder Rentenpolitik.

Der Hildesheimer Regionalbischof Eckhard Gorka mahnte, für das friedvolle gesellschaftliche Zusammenleben sei es für Christen und Muslime wichtig, voneinander zu wissen. "Wir müssen Orte des Dialogs schaffen, damit wir die Menschen eigener und fremder Sprache, des eigenen und anderen Geistes kennen." In der Region gebe es bereits viele erfolgreiche religionsübergreifende Projekte.

Der Sprengel Hildesheim-Göttingen erstreckt sich von Hann. Münden bis nach Peine und vom Harz bis an die Weser. Er umfasst neun Kirchenkreise mit rund 500.000 Mitgliedern in etwa 390 Gemeinden. 

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Unesco-Welterbe_St.-Michaelis-Kirche

Unesco-Welterbe: St.-Michaelis-Kirche in Hildesheim. Bild: Wiebke Ostermeier